Nach der KVG-Debatte, Die Arbeit an den Reformen beginnt erst

11.10.2004

Uhr Lesedauer: 4 Minuten


11.10.2004, National- und Ständerat haben in der abgelaufenen Session mit der Beratung einer ersten Tranche der Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) begonnen.


Angesichts der Notwendigkeit von Reformen handelt es sich um eine magere Ausbeute. Denn an Neuerungen und Reformen haben die Räte bis auf die Einführung einer Versichertenkarte noch nichts beschlossen. Immerhin hat sich der Ständerat als Erstrat für die Erhöhung des Selbstbehalts auf 20 Prozent bei Beibehaltung der bisherigen Obergrenze von 700 Franken ausgesprochen.

Nach dem Schiffbruch, welche eine weiterreichende Reform des KVG im vergangenen Dezember im Parlament erlitten hatte, ging es den eidgenössischen Räten vorerst einmal darum, das Weiterfunktionieren der derzeit geltenden Ordnung zu sichern. Dazu verlängerten sie verschiedene befristete Regelungen: so den Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherern um weitere fünf Jahre, dann die nach dem Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts provisorisch getroffene Regelung in der Spitalfinanzierung und das Einfrieren des Rahmentarifs bei der Pflegefinanzierung um weitere zwei Jahre. Und schliesslich entschieden die eidgenössischen Räte, den Zulassungsstopp für Ärzte in freier Praxis für drei Jahre fortzuführen. Mit diesen Beschlüssen hat das Parlament Zeit gewonnen, sonst aber gar nichts.

Sämtliche Diskussionen zu eigentlichen Reformen stehen noch bevor. Als Erstes wird es um die Revision der Prämienverbilligung und um die Lockerung des Vertragszwanges zwischen Ärzten und Krankenversicherern gehen. Letztere Reform wollen die parlamentarischen Kommissionen mit der Förderung von Managed-Care-Modellen (HMO- oder Hausarztmodelle) verknüpfen. In beiden Bereichen stellen sich heikle Fragen, welche die Kommissionen vor der Session nicht mehr zu beantworten vermochten.

Die Lockerung des Vertragszwangs und die Reform der Prämienverbilligung dürften die Gesundheits- und Sozialkommissionen von National- und Ständerat nun nach der Session als Erstes wieder aufnehmen. Die Vertragsfreiheit ist dabei insbesondere in der Ärzteschaft umstritten. Gegen den erbitterten Widerstand der Ärzte, die bereits mit dem Referendum gedroht haben, dürfte es schwierig sein, eine Referendumsabstimmung zu gewinnen. Es muss deshalb eine ausgewogene Lösung gefunden werden. Vor allem wird alles, was den Verdacht eines Diktats der Krankenversicherer erwecken kann, kaum mehrheitsfähig sein.

Die Beratung der Reform der Prämienverbilligung hatten die parlamentarischen Kommissionen bereits im Hinblick auf die Herbstsession in Angriff genommen. Sie brachen sie aber kurz vor Sessionsbeginn ab. Die Abschaffung der Prämienverbilligung steht dabei nicht zur Debatte. Dies wäre wohl auch unrealistisch, wenn man bedenkt, dass eine vierköpfige Familie in Genf oder Basel im Durchschnitt rund 1000 Franken Prämien pro Monat bezahlt. Bei solchen Summen kommen nicht wenige Familien in finanzielle Bedrängnis. Die Prämienverbilligung ist dabei eine Subvention, die, gestützt auf kantonale Vorgaben, relativ gezielt an Menschen mit niedrigen beziehungsweise je nach Familiensituation mit mittleren Einkommen ausbezahlt wird. Allerdings bestehen in einigen Kantonen noch immer unsinnige Regelungen, die es jungen Erwachsenen in Ausbildung aus finanziell gut situierten Familien ebenfalls ermöglichen, Beiträge anzufordern. Doch auch hier gilt es, eine gewisse Eigenverantwortung walten zu lassen.

Der Bundesrat hatte neu für die Gewährung der Verbilligung ein gesamtschweizerisch einheitliches Sozialziel von 2 bis maximal 10 Prozent des steuerbaren Einkommens für Familien und zwischen 4 und 12 Prozent für alle andern einführen wollen. Dagegen regte sich aber zusehends stärkerer Widerstand. Quasi in letzter Minute unterbreiteten die kantonalen Gesundheitsdirektoren unter der Leitung des Luzerner CVP- Regierungsrates Markus Dürr ein eigenes Modell. Sie schlagen vor, die Prämien sämtlicher Kinder bis 18 Jahre zu streichen und im Gegenzug die Prämien der Erwachsenen (um rund 20 Franken) zu erhöhen. Die bisher für die Verbilligung von Kinderprämien bereitgestellten Mittel wären danach zusätzlich für die gezielte Verbilligung der Prämien der Erwachsenen einzusetzen - für Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen und für Jugendliche in Ausbildung. Die prämienfreien Leistungen für Kinder gälte es im Risikoausgleich unter den Versicherern zu kompensieren.

Das Modell der Gesundheitsdirektoren ist auf den ersten Blick bestechend einfach, die administrative Abwicklung unkompliziert. Mit ihm wäre zudem eine Korrektur in der Generationensolidarität verbunden. Denn diese ist heute mit der Kopfprämie einseitig zugunsten der älteren Menschen ausgestaltet. Auch wäre die Streichung der Kinderprämien eine effiziente familienpolitische Massnahme. Im Gegenzug wäre freilich auf eine gesamtschweizerische Regelung bei den Kinderzulagen, die gegenwärtig ebenfalls diskutiert wird, konsequent zu verzichten. Allerdings gilt es sorgfältig zu prüfen, welche Anreize geschaffen und welche Verhaltensänderungen ausgelöst werden könnten, wenn für Kinder nicht mehr nur deutlich reduzierte, sondern gar keine Prämien mehr zu bezahlen sind. Der Freiburger CVP- Ständerat Urs Schwaller beantragte demgegenüber, für den Erlass der Kinderprämien eine Einkommenslimite von 76 000 Franken vorzusehen und bis zu einem Einkommen von 115 000 Franken einen Rabatt von 50 Prozent zu gewähren. Ähnlich wären auch Familien mit jungen Erwachsenen in Ausbildung zu begünstigen. Es gilt, eine Regelung zu finden, die den gezielten Einsatz der Mittel ohne allzu grossen administrativen Aufwand gewährleistet. Überspitzte Detaillierungen sind zu vermeiden. Ohne gewisse Unschärfen wird es dabei kaum gehen. Diese sollten indessen so ausgestaltet sein, dass sie sich rechtfertigen lassen. - cs.

--- ENDE Pressemitteilung Nach der KVG-Debatte, Die Arbeit an den Reformen beginnt erst ---


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