Die SNB belässt das Zielband für den Dreimonats-Libor

19.06.2008 | von Schweizerische Nationalbank


Schweizerische Nationalbank

19.06.2008, Die Schweizerische Nationalbank belässt das Zielband für den Dreimonats-Libor unverändert bei 2,25%-3,25%. Sie beabsichtigt, den Dreimonats-Libor bis auf weiteres im mittleren Bereich des Zielbandes zu halten.

Trotz der Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität bleibt die Weltkonjunktur robust. Der Erdölpreis ist weiter angestiegen, was zu einer allgemein höheren Inflation geführt hat. Die Lage an den Finanzmärkten ist zwar weiterhin unsicher, aber weniger turbulent als noch vor einigen Monaten. Auch die Schweizer Wirtschaft verzeichnete einen Wachstumsrückgang. Die Nationalbank rechnet für 2008 aber unverändert mit einem realen BIP-Wachstum von 1,5% bis 2%. Sie hat dagegen ihre Inflationsprognose nach oben korrigiert und geht nun für das laufende Jahr von einer durchschnittlichen Inflation von 2,7% aus. Unter der Annahme eines konstanten Dreimonats-Libors von 2,75% dürfte die Teuerung aber aufgrund der erwarteten konjunkturellen Abflachung auf 1,7% im Jahr 2009 und auf 1,3% im Jahr 2010 zurückgehen.

Die Inflationsprognose ist mit grossen Unsicherheiten behaftet. Ein verstärkter Preisschub ist zu befürchten, wenn die Energiepreise ihren Anstieg fortsetzen oder der Franken sich am Devisenmarkt abschwächen sollte. Der Inflationsdruck könnte bei einer deutlicheren Abkühlung der internationalen Konjunktur nachlassen. Unter diesen Umständen bleibt die Nationalbank vorsichtig und behält ihren geldpolitischen Kurs unverändert bei. Die mittelfristigen Teuerungsaussichten lassen dies vorläufig noch zu. Alles deutet darauf hin, dass die aktuelle Inflation eine vorübergehende Erscheinung ist. Die Nationalbank wird die Entwicklung der Erdölpreise, des Frankenkurses und der Konjunktur sowie die Lage an den Finanzmärkten aufmerksam verfolgen, um deren Auswirkungen auf die Inflationsaussichten einzuschätzen und um zur Wahrung der mittelfristigen Preisstabilität rasch handeln zu können.

Internationale Wirtschaftsaussichten Die Schweizer Wirtschaft ist mit einem Exportanteil am Bruttoinlandprodukt von 52% in hohem Mass globalisiert. Das ist eine Chance, bedeutet aber auch, dass unser Land stark von der Entwicklung der Weltkonjunktur beeinflusst wird. Nun entwickelt sich die amerikanische Wirtschaft, die bis vor kurzem der Motor des weltweiten Wirtschaftswachstums war, seit drei Quartalen nur noch schwach. Diese annähernde Stagnation dürfte allerdings nicht von Dauer sein, denn die USA betreiben eine entschieden expansionistische Geld- und Fiskalpolitik, die zusammen mit einem die Exporte begünstigenden Kursrückgang des Dollars zu einem Wirtschaftsaufschwung führen wird. Eine Erholung wird ungefähr zur Jahreswende erwartet. Doch der Aufschwung wird nur langsam vonstatten gehen. Denn die Verschlechterung der Beschäftigungsaussichten, der Kaufkraftverlust und der Rückgang der Immobilienpreise werden die Stimmung und die Einkommen der Konsumenten belasten.

Europa ist der zweite Pol der Weltwirtschaft. Trotz eines starken Wachstums im ersten Quartal dürfte im Jahresverlauf eine Verlangsamung eintreten. Verschiedene Faktoren werden dazu beitragen: Der starke Euro und die Zäsur in der US-Konjunkturentwicklung bremsen die Exporte; die Bedingungen für die Kreditvergabe sind als Folge der Kreditkrise restriktiver geworden; das Vertrauen der Konsumenten hat abgenommen, was ihre Ausgaben beeinträchtigen wird. Die Konjunkturabflachung wird allerdings deutlich schwächer ausfallen als in den USA. Doch auch in Europa muss damit gerechnet werden, dass sich die Wirtschaft anschliessend nur langsam erholen wird.

Die asiatischen Volkswirtschaften bilden den dritten Pol. Insgesamt verzeichnen sie weiterhin ein kräftiges Wachstum, das noch kaum vom Rückgang der US-Wirtschaft erfasst worden ist. Allerdings werden diese Volkswirtschaften stark von den Rohstoff- und Nahrungsmittelpreiserhöhungen getroffen, was ihr Einkommen drastisch schmälert.

Insgesamt verläuft das Wachstum der Weltwirtschaft also derzeit zwar uneinheitlich, zeigt aber keine Anzeichen einer bedeutenden Verlangsamung. Noch vor kurzem waren dagegen sehr viel alarmierendere Szenarien denkbar gewesen. Die Krise des Finanzsektors hat die übrigen Wirtschaftszweige weniger heftig und viel weniger rasch erfasst, als man befürchten musste. Es ist gerade das weiterhin robuste Wachstum der Weltwirtschaft, das zum grossen Teil den starken Anstieg der Nahrungsmittel- und Erdölpreise erklärt, obschon die Spekulation die Lage noch verschärft haben mag. In den meisten Ländern hat der Anstieg der Erdölpreise zu höheren Konsumentenpreisen geführt, und die nflation bereitet nach einer langen Phase moderater Preisentwicklung wieder Sorgen.

Der Schub bei den Indizes birgt die Gefahr, dass die während Jahren gut verankerten Inflationserwartungen destabilisiert werden.

Wirtschaftsaussichten für die Schweiz In der Schweiz hat sich die Wirtschaftsentwicklung, die 2007 noch sehr dynamisch war, in den ersten Monaten dieses Jahres deutlich beruhigt. Das reale BIP hat sich im ersten Quartal auf annualisierter Basis nur um 1,3% erhöht, während 2007 Wachstumsraten in der Grössenordnung von 3% oder sogar 4% verzeichnet wurden. Für die Verlangsamung gibt es drei wichtige Gründe: Erstens lag die wirtschaftliche Aktivität im letzten Jahr deutlich höher als normal, so dass ein Nachlassen nicht nur unausweichlich, sondern auch wünschenswert war. Die Verlangsamung mindert die Gefahr einer Überhitzung. Sie ist die Folge der Normalisierung der Geldpolitik, die wir seit mehreren Jahren betreiben. Zweitens hat die Abflachung bei den Exporten die Entwicklung der verarbeitenden Industrie gebremst und dadurch die Verlangsamung verstärkt. Drittens haben die Schwierigkeiten an den Finanzmärkten zu einem deutlichen Rückgang der Börsengeschäfte geführt und so die Wertschöpfung im Bankensektor beeinträchtigt.

verzeichneten der Detail- und Grosshandel, das Gastgewerbe und der Bereich Transporte und Kommunikation weiterhin ein starkes Wachstum. Daraus lässt sich ersehen, dass die Binnennachfrage insgesamt immer noch robust ist. Namentlich der Privatkonsum profitiert nach wie vor von der günstigen Lage am Arbeitsmarkt: Die Schaffung neuer Arbeitsplätze hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres auf hohem Niveau fortgesetzt.

In den kommenden Quartalen dürfte das Wachstum der Nachfrage und der Produktion zwar anhalten, aber moderater ausfallen. Die hohen Preise für Erdölprodukte und die Unsicherheiten in Zusammenhang mit der Krise am US-Immobilienmarkt werden die Wirtschaft zweifelsohne anhaltend belasten. Der Konsum der privaten Haushalte und die Ausrüstungsinvestitionen dürften dagegen weiterhin zunehmen. Die Nationalbank erwartet für dieses Jahr nach wie vor ein BIP-Wachstum von 1,5% bis 2%. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert, der vom starken Wachstum im zweiten Semester 2007 getrieben wird.

Er lenkt tendenziell davon ab, dass eine doch deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität eingetreten ist, und dass das Quartalswachstum für den Rest dieses Jahres unter dem Potenzial liegen wird.

Entwicklung der monetären und finanziellen Rahmenbedingungen Wie haben sich die monetären Bedingungen seit der letzten Lagebeurteilung im März entwickelt? Sie haben sich ein wenig gelockert, und zwar aus zwei Gründen: Erstens hat der Franken gegenüber unseren 26 wichtigsten Handelspartnern 3% an Wert verloren, was die Anfang Jahr verzeichnete Aufwertung teilweise ausgeglichen hat. Diese Abschwächung hat direkte Folgen für die Inflation, denn sie verteuert die Importe. So hat sich dadurch zum Beispiel der Erdölpreisanstieg stärker auf die Teuerung ausgewirkt. Ein Fass Rohöl Brent hat bis Mitte Mai in Dollar ausgedrückt um 13%, in Franken hingegen um 18% aufgeschlagen.

Auf längere Sicht trägt die Abschwächung des Frankens indirekt zu einem Preisanstieg bei, indem er die Nachfrage stimuliert. Zweitens sind die realen kurzfristigen Zinssätze zurückgegangen. Da die Inflationserwartungen für die unmittelbar bevorstehende Zukunft gestiegen sind, sind bei gegebenen Nominalzinssätzen die realen Renditen für kurze Laufzeiten geringer geworden. Die volumenmässige Analyse der monetären Bedingungen ergibt ähnliche Resultate. Bei den Geldmengen, dem für allgemeine Informationen über die langfristigen Konjunkturund Inflationsaussichten am besten geeigneten Indikator, sind die Aggregate M1 und M2, die bis kurzem rückläufig waren, seit einigen Monaten praktisch stabil. Die Geldmenge M3 wächst weiterhin, wenn auch bescheiden.

Die Kreditkrise hat es bestätigt: Hypothekarkredite sind ein wichtiger Indikator für den Restriktionsgrad der Geldpolitik. Es gibt einen einfachen Grund dafür: Immobilieninvestitionen reagieren besonders empfindlich auf den Zinssatz, da sie mit langfristigen Bauprojekten verbunden sind. So verzeichneten die Hypothekarkredite in den Jahren 2003 und 2004, als unsere Geldpolitik klar expansiv war, Wachstumsraten von etwa 5% bis 6%. Als wir 2006 und 2007 in der Folge die geldpolitischen Zügel anzogen, flachte dieses Wachstum allmählich ab. Im April 2008 lag es bei 3,3%. Die Wachstumsrate der übrigen Kredite – einer äusserst heterogenen Kategorie – bleibt hoch und bestätigt die tendenziell anhaltende Dynamik der Konjunktur.

Wie wir im Dezember betonten, ist die Beobachtung der Konditionen auf dem Kreditmarkt angesichts der Kreditkrise besonders wichtig. Um Genaueres zu erfahren, hat die Nationalbank im März bei 20 Banken eine Umfrage durchgeführt. Die daraus gewonnenen Informationen über die Absichten und Erwartungen dieser Banken ergänzen unsere Analyse der Kreditvolumen-Entwicklung. Aus der Umfrage geht Folgendes hervor: Erstens haben die Banken die Bedingungen für die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen in den letzten Monaten nicht substanziell verschärft.

Zweitens geben die Banken an, dass die Kreditnachfrage im Grossen und Ganzen unverändert bleibt. Drittens erwarten sie in den nächsten Monaten weder beim Angebot noch bei der Nachfrage bedeutende Änderungen. Folglich bestätigt diese Umfrage die Schlüsse, die aus der Analyse der Kreditvolumen gezogen wurden, die, wie wir eben gesehen haben, weiter wachsen. Im Gegensatz zu ähnlichen Nachforschungen in den USA und in der Eurozone zeigt unsere Umfrage, dass die Kreditkrise in der Schweiz bis jetzt zu keiner Verschlechterung der Kreditbedingungen geführt hat.

--- ENDE Pressemitteilung Die SNB belässt das Zielband für den Dreimonats-Libor ---

Über Schweizerische Nationalbank:
Die Schweizerische Nationalbank führt als unabhängige Zentralbank die Geld- und Währungspolitik des Landes. Sie muss sich gemäss Verfassung und Gesetz vom Gesamtinteresse des Landes leiten lassen, als vorrangiges Ziel die Preisstabilität gewährleisten und dabei die Konjunktur berücksichtigen.

Sie setzt damit eine grundlegende Rahmenbedingung für die Entwicklung der Wirtschaft.

Die Nationalbank hat in Bern und Zürich je einen Sitz. Daneben unterhält sie sechs Vertretungen in Basel, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern und St. Gallen. Dazu kommen 14 Agenturen, die von Kantonalbanken geführt werden und der Geldversorgung des Landes dienen.


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