Die Ratingagentur Standard & Poor's hat am Freitag Gate Gourmet mit dem Wert «D» als nicht kreditwürdig eingestuft.
Birgit Voigt
Steckt Gate Gourmet finanziell in grossen Schwierigkeiten? Seit die ehemalige Tochter der Swissair nach deren Zusammenbruch im 2002 notfallmässig an die amerikanische Risikokapital-Firma Texas Pacific Group verkauft wurde, veröffentlicht der weltweit zweitgrösste Catering-Service kaum noch Unternehmenszahlen. Die Meldung von Standard & Poor's vom Freitag hört sich deshalb hochdramatisch an. Gate Gourmet habe auf Ende Jahr hin fällige Rückzahlungen für einen Kredit von 372 Millionen Franken sowie Zinsen für ein 268 Millionen teures Darlehen nicht bezahlt und auch eine zusätzliche Frist von einer Woche ungenutzt verstreichen lassen. Die Ratingagentur senkt deshalb die Bonität von Gate Gourmet für langfristige Verbindlichkeiten auf den schlechtesten Grad «D» für «Default» - in Zahlungsverzug.
Kann nicht oder will nicht? Die Zahlungsweigerung von Gate Gourmet scheint aber nicht aus Mangel an Mitteln entstanden zu sein. Auch der Analyst Melvyn Cooke von Standard & Poor's konstatiert: «Die flüssigen Mittel von Gate Gourmet hätten ausgereicht, um die Schuldenrückzahlung termingerecht durchzuführen.» Offenbar streitet sich die Führung von Gate Gourmet mit ihren Kreditoren um Zahlungsmodalitäten. Bereits seit 2003 - so Standard & Poor's - fordert der Caterer von seinen Kreditgebern bessere Konditionen. Die Begründung für das Begehren liegt auf der Hand. Die Situation im Fluggeschäft trifft auch die Zulieferer in voller Brutalität. Die Tatsache, dass Gate Gourmet vor wenigen Monaten die Lieferungen für die US-Airline Delta kurze Zeit einstellte, um den Grosskunden zur Begleichung seiner Rechnungen zu zwingen, zeigt, mit welch harten Bandagen gekämpft wird. Der Spardruck der Fluggesellschaften führt bei den Essenslieferanten zu tendenziell sinkenden Umsätzen und permanentem Margendruck. Bei gleich bleibend hohen Finanzierungskosten bleibt da für die texanische Besitzerin der Gate Gourmet logischerweise immer weniger übrig. Doch die beinharten Amerikaner wollen offenbar dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen und fordern von den Kreditgebern Zugeständnisse. «Durch die Zahlungsweigerung wird Druck aufgesetzt, und dies ist Teil der Taktik der Texaner. Die beherrschen das Spiel. Der Ruf von Gate Gourmet ist ihnen nicht wichtig», charakterisiert ein Bankeninsider die Situation. Gate Gourmet bestätigte auf Anfrage der «NZZ am Sonntag», dass Verhandlungen stattfänden: «Im Rahmen eines alljährlichen Treffens kamen wir mit unseren Bankengruppen im Dezember 04 zusammen. Teil der diskutierten Themen waren unter anderem Möglichkeiten, unser Geschäft mit mehr finanzieller Flexibilität zu gestalten. Die unterbreiteten Vorschläge sind unseres Erachtens keine ungewöhnlichen Massnahmen. Gate Gourmet verfügt über genügend Liquidität für das normale Tagesgeschäft.»
Das in Bankenkreisen als ziemlich ungehobelt eingeschätzte Vorgehen ist nur ein Indiz dafür, dass bei Gate Gourmet gerade die Weichen für die Zukunft radikal neu gestellt werden.
Die Firma erlitt nach den dramatischen Einbrüchen im 2002, ausgelöst durch den Untergang der Swissair, auch 2003 nochmals einen Umsatzrückgang von 16% auf 2,3 Milliarden Franken. 22 000 Menschen arbeiten noch bei dem Unternehmen.
Bald ein US-Unternehmen Im Juni 2004 stellte Texas-Pacific-Boss David Bonderman den Weggenossen und ehemaligen US-Airways- Chef David Siegel als neuen CEO für Gate Gourmet an. Sechs Monate später, zum Jahreswechsel, räumte Siegel in den Führungsetagen des Caterers praktisch sämtliche Kader ab und besetzte 15 Positionen neu. Die Mehrheit der Neuankömmlinge stammen aus den USA. Zur Begründung für den massiven Austausch heisst es intern, man wolle sich in einigen Bereichen strategisch verstärken. Nebst dem Kerngeschäft, das derzeit branchenweit keine guten Aussichten hat, sollen offenbar Bereiche wie das globale Supply-Chain-Management und das Logistik-Know-how zu Dienstleistungsangeboten für Dritte ausgebaut werden.
Wie lange Gate Gourmet nach dieser Umbauphase noch als Schweizer Unternehmen figurieren wird, ist höchst unsicher. CEO Siegel selbst hält sich dem Vernehmen nach jedenfalls deutlich mehr in der US- Tochterniederlassung auf als in der Schweiz. De facto hat das Unternehmen bereits heute nur noch seinen offiziellen Sitz in der Schweiz. Das Entscheidungszentrum scheint in die USA abzuwandern.
--- ENDE Pressemitteilung Gate Gourmet zahlt Schulden nicht ---
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