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Wenn das Geld für die Krankenkasse fehlt

28.07.2004


28.07.2004, Betreibungen wegen Prämienschulden an zweiter Stelle

Nur Steuerrechnungen bleiben länger liegen: Die Krankenversicherer beklagen offene Rechnungen in Höhe von 400 Millionen Franken, was etwa 1,5 Prämienprozenten entspricht. Die Zahl der Betreibungen in diesem Bereich hat sich gegenüber früher vervielfacht. Die Revision des Krankenversicherungsgesetzes soll Abhilfe schaffen.

Im Zweifelsfall bleiben am Monatsende die immer teureren Krankenkassenprämien unbezahlt: Seit Jahren beklagen die Krankenversicherungen, dass die Zahl der Mahnungen und Betreibungen auf konstant hohem Niveau verharrt oder noch immer leicht ansteigt. Die grösste Krankenversicherung, Helsana (1,47 Millionen Versicherte), versandte im letzten Jahr über eine Million Mahnungen und leitete 90 000 Betreibungen ein, was einem Prämienvolumen von 80 Millionen Franken entspricht, wie Informationschef Christian Beusch erklärt. Bei der CSS (1,19 Millionen Versicherte) waren Ende 2003 Forderungen in Höhe von 60 Millionen Franken offen und 25 000 Betreibungen eingeleitet, bei der Groupe Mutuel (674 000 Versicherte) spricht man von rund 90 000 Betreibungen und einem offenen Prämienvolumen von 58 Millionen Franken. Die Versicherer erhalten unbezahlte Prämien zwar von den Kantonen zurückerstattet, doch grundsätzlich erst, wenn sie im Besitze eines Verlustscheins sind. Das ist zeitlich und administrativ aufwendig. Die ausstehenden Zahlungen drücken zudem das Prämienniveau leicht nach oben: Insgesamt, so schätzt der Verband der Krankenversicherer Santésuisse, belaufen sich die offenen Forderungen aller Kassen derzeit auf rund 400 Millionen Franken. Das bedeutet laut Nicole Bulliard von Santésuisse, dass rund 1,5 Prämienprozente für die Bezahlung ausstehender Forderungen verwendet werden. CSS-Sprecher Stephan Michel spricht gar von bis zu 3 Prozent.

10 bis 20 Prozent aller Betreibungen Zwar ist die Zahl der Betreibungen auch deshalb so hoch, weil oft mehrere Betreibungen gegen die gleiche Person laufen. Doch bei den Betreibungs- und Konkursämtern bestätigt man den Trend, auch wenn keine genauen Zahlen vorliegen: Während bis vor einigen Jahren kaum Verfahren wegen ausstehender Krankenversicherungsprämien eingeleitet werden mussten, beträgt dieser Anteil heute 10 bis 20 Prozent aller Betreibungen gegen Privatpersonen, schätzt Michael Dörflinger, Betreibungsbeamter in Kreuzlingen und Vizepräsident der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz. Die Zahl der Betreibungen ist während der Wirtschaftsflaute gesamthaft angestiegen, doch die Krankenversicherungen sind davon überproportional betroffen. Laut Dörflinger haben sich die Betreibungen für ausstehende Krankenkassenprämien im Vergleich zu früher vervielfacht.

Dass die Prämien für viele ein echtes Problem darstellen, zeigt sich insbesondere daran, dass in der Westschweiz, wo die Belastung überdurchschnittlich hoch ist, deutlich häufiger Mahnungen verschickt und Betreibungen eingeleitet werden müssen als in der Deutschschweiz. Die Krankenversicherungsprämien sind in den letzten Jahren schweizweit massiv gestiegen, im Kanton Zürich beispielsweise um durchschnittlich 71 Prozent seit Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes im Jahre 1996. Damals zahlte ein Erwachsener im Schnitt 161 Franken pro Monat, 2004 sind es bereits 275 Franken. Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Steuern, Abgaben und Versicherungen insgesamt, und dies bei meist gleich bleibenden oder kaum steigenden Löhnen: Der Anteil der Transferabgaben (Sozialversicherungen, Versicherungen, Steuern usw.) pro Haushalt stieg zwischen 1990 und 1998 von 31 auf 37 Prozent und sank bis 2001 nur leicht auf 36,6 Prozent. Das bedeutet, dass heute weniger Geld für Konsumausgaben bleibt als Anfang der 1990er Jahre. Dabei ist fraglich, ob eine günstigere Wirtschaftslage spürbar dazu beiträgt, dass Rechnungen wieder rascher beglichen werden. Denn Betreibungen werden häufig gegen Personen eingeleitet, die von der Konjunktur kaum oder nicht als Erste profitieren.

Wer Schulden hat, wechselt die Kasse Gleichzeitig zeigt sich aber, dass die Krankenkassenprämien, mit Ausnahme der Steuern, am längsten unbezahlt liegen bleiben. Betreibungen wegen ausstehender Konsumausgaben - etwa für Leasing- oder Abonnementsgebühren - sind weitaus seltener, wie Dörflinger beobachtet. Selbst Motorfahrzeugsteuern werden schneller beglichen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Bezahlt man seine Krankenkassenprämie nicht, geschieht, anders als beispielsweise bei einer offenen Handy- Rechnung, vorerst gar nichts. Zwar können die Versicherer die Leistungen an säumige Versicherte sistieren, doch erst wenn ein Verlustschein vorliegt. Im Unterschied zu den Privatversicherungen (zu denen auch die Krankenzusatzversicherungen zählen) haben die Versicherer im obligatorischen Bereich ausserdem keine Möglichkeit, einen Versicherer auszuschliessen oder gar nicht aufzunehmen. Der Versicherte kann deshalb einfach seine Kasse wechseln, wenn Leistungen wegen offener Rechnungen sistiert werden, womit das Spiel bei einem neuen Krankenversicherer von vorne beginnt.

Zumindest damit soll in Zukunft Schluss sein: Die Botschaft zur Revision der Krankenversicherung, die das Ausmass der Zahlungsausstände als «problematisch» bezeichnet, sieht vor, dass Leistungen bereits dann sistiert werden können, wenn trotz Mahnungen keine Zahlungen eingehen und im Betreibungsverfahren ein Fortsetzungsbegehren gestellt worden ist. Ausserdem können Versicherte künftig die Versicherung nicht mehr wechseln, solange die ausstehenden Prämien nicht vollständig bezahlt sind. Diese Regeln, die schon in der gescheiterten zweiten KVG-Revision vorgesehen waren, sind praktisch unbestritten.

Die Krankenversicherer fordern allerdings noch andere Verbesserungen: So werden die Prämienverbilligungen heute in vielen Kantonen an die Versicherten ausbezahlt - mit der Folge, dass das Geld vielfach nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet wird. Es gehöre zu den Hauptforderungen seiner Branche, sagt CSS-Sprecher Michel, dass diese Mittel in der ganzen Schweiz - wie beispielsweise im Kanton Zürich - direkt an die Versicherer gehen. Für den Betreibungsbeamten Dörflinger liegt das Kernproblem freilich tiefer: «Es mangelt an der Einsicht, dass eine Krankenversicherung wichtiger ist als manches Statussymbol aus der Konsumwelt.»

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SVP-Initiative zustande gekommen (sda) Die SVP hat am Mittwoch ihre Volksinitiative «für tiefere Krankenkassenprämien in der Grundversicherung» bei der Bundeskanzlei eingereicht. Mit 102 186 Unterschriften ist das Begehren knapp zustande gekommen. Man habe noch bis zum letzten Tag der Sammelfrist Unterschriften eingeholt, sagte SVP-Sprecher Simon Glauser auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Die Prämiensenkungsinitiative verlangt Vertragsfreiheit, eine Straffung des Leistungskatalogs der Grundversicherung, eine Begrenzung der öffentlichen Beiträge an die Ausgaben der Grundversicherung und mehr Transparenz.

--- ENDE Pressemitteilung Wenn das Geld für die Krankenkasse fehlt ---


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