04.11.2003
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04.11.2003, Über Jahre hinweg hat das Budesamt für Sozialversicherung laut einer Studie zu niedrige
Krankversicherungsprämien genhemigt. So fehlen heute Reserven.
Die Krankenkassenprämien sind zu niedrig
Bundesamt verfolgte eine Politik zur Reduktion der Reserven
Über Jahre hat das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) laut einer Basler Studie zu tiefe Krankenversicherungsprämien genehmigt. Die heute ungenügenden Reserven bei über der Hälfte der Versicherer seien nicht zuletzt auf die Genehmigungspraxis des BSV zurückzuführen. Die Gutachter stellen die Frage in den Raum, ob das BSV in den vergangenen Jahren mit dieser Praxis seine Aufsichtspflicht verletzt habe.
Während Jahren soll das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zu tiefe Krankenversicherungsprämien genehmigt haben. Die Folge dieser Praxis war eine Verschlechterung der finanziellen Situation der Versicherer. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Basler Beratungsfirma B, S, S. (Blöchlinger, Staehelin & Partner). Dieser hält unter anderem fest, dass sich die Frage stelle, ob das BSV seine Aufsichtspflicht damit verletzt habe.
Reserven unter gesetzlichem Minimum
Die Forschungsabteilung des BSV hatte die Untersuchungen zum Verfahren bei der Genehmigung der Prämien noch unter Bundesrätin Ruth Dreifuss und BSV-Direktor Otto Piller im September 2002 in Auftrag gegeben. Die Studie zeigt, dass die Genehmigungspraxis der vergangenen Jahre nachteilige Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Versicherer hatte. Nach deren Schätzungen wiesen Ende 2002 55 der 93 Krankenversicherer Reserven aus, die unter dem in der Verordnung zum Krankenversicherungsgesetz (KVG) festgesetzten Minimum lagen. Gesamthaft habe die Unterdeckung bei den Reserven 750 Millionen Franken betragen. Bis Ende 2003 werde freilich im Verhältnis zum Prämiensoll wieder eine gewisse Besserung erwartet.
Zwischen 1999 und 2002 haben die Versicherer laut der Studie negative Ergebnisse ausgewiesen. Die grössten Verluste seien für das Jahr 2001 zu vermerken. Dabei lassen sich die Rückgänge bei den Reserven nur zur Hälfte auf die Verluste an der Börse und die Einbrüche bei den Kapitalerträgen zurückführen. Auch ohne schlechte Börse hätten viele Versicherer die vorgeschriebenen Reserven nicht mehr erreicht. Der Bericht hält überdies fest, dass eine mögliche Verschlechterung des Börsengangs in eine korrekte Kalkulation zur notwendigen Prämienhöhe hätte einbezogen werden müssen.
Die Leitung des BSV hatte in den untersuchten Jahren bei der Genehmigung der Prämien einerseits das Ziel verfolgt, die Reserven der Versicherer dem gesetzlichen Mindestniveau anzunähern. Und anderseits habe man über die Jahre gleichmässige Prämienerhöhungen angestrebt. Hiebei habe ein Zielkonflikt bestanden, da niedrige Reserven es verunmöglichten, unvorhersehbare Ereignisse aufzufangen. Das BSV hat laut der Untersuchung offenbar eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestreserven im Einzelfall in Kauf genommen. Dabei stellt der Bericht aber fest, dass klare schriftlich festgehaltene Regeln dazu fehlten. Ebenso bestehe keine systematische Dokumentation des Verfahrens zur Prämiengenehmigung.
Ferner erachtet der Bericht die Zusammenarbeit zwischen den für die Prämiengenehmigung zuständigen Mitarbeitern im BSV und den Versicherern für problematisch. Es bestünden "atmosphärische Störungen" im Verhältnis zu einigen Versicherungen. Von Seiten der Versicherer steht der Vorwurf im Raum, sie hätten ihre Prämien weniger stark erhöhen können, als sie dies für sinnvoll erachtet hätten. Die Politik des BSV hätte denn auch dazu geführt, dass manche Versicherer bei den Anträgen zu den Prämien bereits einkalkulierten, dass diese herabgesetzt würden. Das heisst, sie reichten bewusst überhöhte Prämien ein.
Besserung seit 2002
Inzwischen zeigen sich die Versicherer aber zufriedener, was das Genehmigungsverfahren angeht. Bereits anlässlich der Prämienrunde 2002 und erst recht 2003 habe sich die Situation gebessert. Die Berechnungen des Amts und die Kompetenz der BSV-Mitarbeiter hätten sich verbessert. Das BSV folge mehr als bisher der Argumentation der Versicherer. Die vom BSV in den vergangenen Jahren verfolgte Politik, die Prämienerhöhungen durch Abbau der Reserven abzufedern, erachten die Gutachter als kurzsichtig. Denn mit dem Abbau der Reserven nehmen auch die Kapitalerträge ab, was wiederum durch Prämienerhöhungen ausgeglichen werden müsse. Sie erinnern daran, dass sich langfristig niedrigere oder weniger schnell steigende Prämien nur über Kosteneinsparungen erzielen lassen.
Der Bericht empfiehlt, bei der Prämiengenehmigung das Augenmerk vorab auf die Solvabilität der Versicherer zu legen. Die Beschränkung auf eine Solvabilitätsprüfung würde das Verfahren der Prämiengenehmigung vereinfachen. Und die Ressourcen im BSV liessen sich auf die Prüfung und die Beratung von Versicherern mit finanziellen Problemen konzentrieren. Ferner wird empfohlen, falls das BSV weiterhin Prämienerhöhungen und Reserven beschränken wolle, dazu die Limiten offenzulegen.
--- ENDE Pressemitteilung Zu niedrige Krankenkassenprämien ---
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