Neuordnung der Pflegefinanzierung

02.03.2007

Uhr Lesedauer: 7 Minuten


02.03.2007, Diese Woche diskutiert die SGK des Nationalrats die Vorlage zur Neuordnung der Pflegefinanzierung. santésuisse setzt sich für eine längerfristige Finanzierungsgrundlage der Pflegeleistungen ein. Anzustreben ist dabei eine rasche Stabilisierung der bisher stark steigenden Pflegekosten der Krankenversicherung. Um eine Mehrbelastung der Prämienzahler zu verhindern, ist insbesondere eine automatische Anpassung der Beiträge der Krankenversicherung an die Kostenentwicklung zu vermeiden. Die Entlastung der Pflegebedürftigen im unteren und mitt-leren Einkommensbereich hat durch die Anpassung der Ergänzungsleistungen und der Beiträge der Hilflosenentschädigung zu erfolgen. Patienten mit hohen Einkommen und Vermögen ist hingegen ein massgebender Beitrag an die Pflege aus eigenen Mitteln zuzumuten. Die Vorlage, welche der Ständerat genehmigte, geht in die richtige Richtung und wird deshalb von santésuisse befürwortet.


1. Ausgangslage

a. Kostenentwicklung im Pflegesektor santésuisse tritt dafür ein, dass alle Pflegebedürftigen in unserem Land zu finanziell tragbaren Bedingungen die notwendige Behandlung und Pflege erhalten. Bei der aktuellen Neuordnung der Pflegefinanzierung geht es nicht um den Leistungsumfang, sondern um die Frage, was in unserem System über Kopfprämien finanzierbar ist, was über Steuergelder und was die einzelnen Versicherten selber beitragen können.


Dabei ist zu berücksichtigen, dass die soziale Krankenversicherung mit stark steigenden Kosten zu kämpfen hat und dass die Kosten im Pflegebereich innert sieben Jahren um sechzig Prozent angestiegen sind.


Pflegekosten pro Versicherten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) 1998 und 2005 (in CHF):


Jahr Pflegeheim* Spitex Pflege insgesamt

1998 141 27 168

2005 218 51 269


* inkl. Spitalleistungen mit Pflegetarifen

Quelle: Auszug aus der Versichertenstatistik santésuisse


Um die Generationensolidarität nicht weiter zu belasten, ist im Rahmen der Neuordnung der Pflegefinanzierung deshalb darauf zu achten, dass die Pflegekosten zu Lasten der Prämienzahler stabilisiert werden können.


b. Übergangsregelung bei den Pflegetarifen Am 1. 1. 2003 ist die Verordnung über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL) in Kraft getreten. Sie sieht vor, dass Leistungserbringer, welche die geforderte Transparenz einhalten und ihre Kosten auf Grund korrekter und vollständiger Kosten- und Leistungsrechnungen ausweisen, in Abweichung der in der Leistungsverordnung festgelegten Rahmentarife, diese Kosten der OKP in Rechnung stellen dürfen. Nach Inkrafttreten der VKL haben denn auch verschiedene Pflegeheime massiv höhere Tarife verlangt, was einen starken Kostenschub in der Krankenversicherung befürchten liess. Dies zusätzlich zu den steigenden Kosten aufgrund der demografischen Veränderungen und des medizinischen Fortschritts.


Um den drohenden Kostenschub zu dämpfen, hat das Parlament auf Antrag des Bundesrats in der Herbstsession 2004 als Übergangsregelung folgenden Beschluss gefasst: „Bis zum Inkrafttreten einer neuen Pflegefinanzierung, aber längstens bis am 31.12.2006, gelten für Leistungen der Pflegeheime und der Spitex die vom Bundesrat gemäss Art. 104a festgelegten Rahmentarife.“ Dieser Beschluss ist am 1. Januar 2005 in Kraft getreten.


2. Stand der politischen Beratungen

a. Beitragsmodell des Bundesrats In seiner Botschaft zur Pflegefinanzierung vom 16. Februar 2005 hat der Bundesrat ein Modell zur Neuordnung der Pflegefinanzierung vorgelegt. Das Modell geht davon aus, dass die OKP nur Leistungen für „krankheitsbedingte“ Pflege finanzieren soll. Weil in der Praxis die Pflege als Ganzes wahrgenommen wird und eine Trennung von alters- und krankheits- bedingter Pflege nicht praktikabel ist, soll die OKP die Leistungen der Behandlungspflege voll decken, an die Leistungen der Grundpflege hingegen nur einen Beitrag ausrichten. Zudem sieht die Botschaft vor, den Anspruch auf Hilflosenentschädigung zu erweitern und die Ergänzungsleistungen beim Aufenthalt in einem Pflegeheim anzupassen.


b. Reaktionen auf die Vorlage des Bundesrates Die Vorlage des Bundesrates löste heftige Diskussionen aus. Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) und die Verbände der Leistungserbringer lehnten insbesondere die vom Bundesrat vorgeschlagene Unterscheidung zwischen Grund- und Behandlungspflege ab. Sie bezeichneten sie als unpraktikabel. Die Pflegeverbände forderten zudem eine stärkere Beteiligung der Krankenversicherung an den Pflegekosten und präsentierten ein Modell, das auf einer zeitlichen Abgrenzung der verschiedenen Pflegephasen in Akutpflege, Übergangspflege und Langzeitpflege beruht.


Die Gespräche zwischen GDK, Verbänden der Leistungserbringer und santésuisse zeigten neben nach wie vor bestehenden Differenzen Übereinstimmung in folgenden Punkten:

Die Krankenversicherer sollen einen Beitrag an die Pflegekosten leisten, der etwa dem heutigen Finanzierungsvolumen entspricht und der Anspruch auf Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigungen soll erweitert werden.


c. Vorschlag des Ständerates Der Ständerat hat aufgrund der vehementen Kritik darauf verzichtet, die vom Bundesrat getroffene Unterscheidung in Grund- und Behandlungspflege zu übernehmen. So stand im Zentrum der Beratungen der Herbstsession 2006 die Frage, wie viel Krankenkassen, Kantone und Versicherte künftig für die Pflege zu Hause und im Heim bezahlen müssen. Der Ständerat verabschiedete schliesslich eine Vorlage, mit folgenden wesentlichen Punkten:

Der Bundesrat bezeichnet die Pflegeleistungen. Der Bundesrat legt die Beiträge der obligatorischen Krankenpflegeversicherung fest, und zwar in Franken. Die Beiträge sind nach dem Pflegebedarf abgestuft. Gleiche Leistungen werden gleich entschädigt, unabhängig davon, ob sie durch Heime oder durch die Spitex erbracht werden. Die heutige Belastung der Krankenversicherung wird nicht erhöht. Die Ansprüche für Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigungen werden erweitert.

Der Ständerat lehnte einen Antrag ab, den Beitrag der Versicherten gesetzlich auf höchstens 20 Prozent zu begrenzen. Es sei Sache der Kantone und Gemeinden festzulegen, wer wie viel der Restkosten zu bezahlen habe.


National- und Ständerat haben die Erneuerung des dringlichen Bundesgesetzes vom 8. Oktober 2004 betreffend Einfrierung der Pflegetarife bis zum 31. Dezember 2008 gutgeheissen. Sie haben zudem die Übergangsbestimmung zu den Pflegetarifen im KVG durch eine materielle Änderung, nämlich die Anpassung an die Teuerung, ergänzt.

3. Position von santésuisse

a. Eckwerte für die Reform der Pflegefinanzierung Eine Neuordnung der Pflegefinanzierung sollte nach Auffassung von santésuisse auf folgenden Eckwerten beruhen:

Kostenstabilisierung: Die Grundversicherung soll einen Beitrag an die Pflegekosten leisten, der in etwa dem heutigen Finanzierungsvolumen entspricht. Dieser Beitrag ist in Franken festzulegen. Gleiche Finanzierungsgrundlagen für ambulante und stationäre Pflegeleistungen (Finalitätsprinzip): Leistungen der Pflegeheime und Leistungen der Spitex sollen nach den gleichen Regeln bezahlt werden. Eine Vollfinanzierung der Spitex während 30 resp. 60 Tagen wird abgelehnt, weil sie zu falschen Anreizen führt. Dabei ist zu beachten, dass auch die Spitalleistungen im dualen System von der öffentlichen Hand mitfinanziert werden und dass die Entschädigung der Spitexleistungen aus dem KVG im Vergleich zu den Pflegeleistungen im Heim heute bereits fast doppelt so hoch ausfällt. Koordination der Sozialversicherungen: Die verschiedenen Sozialversicherungen sind besser zu koordinieren. Namentlich für den Teil der Pflegeheimkosten, welcher nicht von der Grundversicherung gedeckt wird, müssen die Ansprüche auf ergänzende Sozialversicherungen wie die Ergänzungsleistungen und die Hilflosenentschädigung der AHV erweitert und geklärt werden. Keine reine Kostenübernahme (Subjekt- statt Objektfinanzierung): Für den Beitrag der Krankenversicherung soll die medizinisch festgestellte Pflegebedürftigkeit entscheidend sein und nicht einfach die Kosten, welche in den Pflegeheimen und bei der Spitex anfallen. Entsprechend dieser Pflegebedürftigkeit richtet die Krankenversicherung Pauschalen aus. Rechtssicherheit: Die Pflegefinanzierung soll auf einfachen, klaren und gerechten Kriterien erfolgen. Die Grundlage der Finanzierung soll auf Gesetzes- und nicht Verordnungsebene festgelegt werden, und Definitionsprobleme sind im KVG zu klären.

b. Beurteilung der Vorlage des Ständerates Die Vorlage des Ständerates entspricht den Eckwerten von santésuisse weitgehend, indem sie eine gesetzliche Verankerung des Finanzierungsgrundsatzes, eine Festlegung des OKP- Beitrags in Franken gemäss Pflegebedarf, die gleiche Finanzierung von gleichen Leistungen, unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sowie höhere Beiträge aus den Ergänzungsleistungen vorsieht.


4. Fazit

santésuisse setzt sich für eine längerfristige Finanzierungsgrundlage der Pflegeleistungen ein. Anzustreben ist dabei eine rasche Stabilisierung der bisher stark steigenden Pflegekosten der Krankenversicherung. Um eine Mehrbelastung der Prämienzahler zu verhindern, ist insbesondere eine automatische Anpassung der Beiträge der Krankenversicherung an die Kostenentwicklung zu vermeiden. Die Entlastung der Pflegebedürftigen im unteren und mittleren Einkommensbereich hat durch die Anpassung der Ergänzungsleistungen und der Beiträge der Hilflosenentschädigung zu erfolgen. Patienten mit hohen Einkommen und Vermögen ist hingegen ein massgebender Beitrag an die Pflege aus eigenen Mitteln zuzumuten. Die Vorlage, welche der Ständerat genehmigte, geht in die richtige Richtung und wird deshalb von santésuisse befürwortet.

--- ENDE Pressemitteilung Neuordnung der Pflegefinanzierung ---


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