19.08.2003
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19.08.2003, Im Jahr 2000 hat die Schweiz gemäss dem Bundesamt für Statistik 43,3 Mrd. Fr. im Gesundheitswesen
ausgegeben, was einem 20-prozentigen Anstieg der Kosten seit 1995 entspricht.
Damit steht die Schweiz im OECD-Länder-Vergleich mit USD 2853 pro Kopf (kaufkraftbereinigt) an zweiter Stelle direkt hinter den Vereinigten Staaten und gibt 10,4% des Bruttoinlandprodukts für das Gesundheitswesen aus.
Hohe Gesundheitsausgaben verlangen Kosteneinsparungen
Angesichts derart hoher Gesundheitsausgaben werden Kosteneinsparungen angestrebt, die die Quantität, nicht aber die Qualität der Gesundheitsdienstleistungen beschränken sollen. Dabei sind zwei Grundsätze wichtig: Erstens müssen bei jeder Dienstleistung Kosten-Nutzen-Abwägungen gemacht werden und zweitens sind zusätzliche, nicht unbedingt notwendige Dienstleistungen selber zu bezahlen. Dies sei am Beispiel der Generika erläutert: Generika sind Arzneimittel, die sich bezüglich ihres Wirkstoffes, ihrer Darreichungsform und ihrer Dosierung an ein vom Schweizerischen Heilmittelinstitut, Swissmedic, zugelassenes Originalpräparat anlehnen. Sie sind mit den Originalpräparaten austauschbar. Unterscheiden können sie sich einzig und alleine bei den Hilfsstoffen, die Wirkung ist gegenüber dem Originalmedikament jedoch dieselbe. Der grosse Vorteil der Nachahmer: Sie sind günstiger als die Originale. Trotz dieser erfreulichen Nachricht ist der «Run» auf diese Medikamente ausgeblieben. Der Generikaanteil in der Schweiz beträgt gerade mal knapp über 3%, bei einem potenziellen Markt von 40% (= Summe der patentabgelaufenen Originale). Länder wie Holland oder Grossbritannien haben allesamt einen Anteil von über 10%.
Gründe für tiefen Generikaanteil
Wieso ist der Anteil in der Schweiz so tief? Dafür gibt es verschiedene Gründe.
Egal, ob der Patient ein Generikum oder ein Originalmedikament der Spezialitätenliste (SL) kauft, die Grundversicherung zahlt beides zurück. Finanzielle Anreize fehlen!
Der Selbstbehalt (10%) ist zu klein, damit der Patient einen finanziellen Unterschied spüren würde.
Selbstdispensierende Ärzte verdienen mehr, wenn sie Originale verschreiben.
Sowohl der Arzt als auch der Patient werden von versteckter Werbung für Originale (über Reportagen und Info-Hotlines) beeinflusst.
Knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung weiss nicht, was Generika sind (vgl. Studie des Hergiswiler Instituts für Marktanalysen/BaZ Nr. 165 aus dem Jahr 2001).
Generikapreise sind im Vergleich zum Ausland in der Schweiz zu hoch, da das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) nur einen Abschlag von 25% fordert.
Es gibt unangemessen hohe bürokratische Hürden bei Parallelimporten von billigeren Medikamenten.
Trotz der leistungsorientierten Abgeltung und der Substitutionstaxe für Apotheker, die (kleine) finanzielle Anreize zum Verkauf von Generika setzen, hält der Widerstand der Patienten die Apotheker ab, signifikant mehr Nachahmerpräparate zu verkaufen.
Die rigide Krankenversicherungsgesetzgebung (KVG) hindert Krankenkassen daran, durch verschiedene Hürden wie die Festlegung der Höchstgrenze für Prämienermässigungen (Art. 62, Abs. 3 KVG) ihren Kunden den Generikakonsum attraktiv zu gestalten.
Da ein erhöhter Konsum von Generika Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe verspricht, greift das Parlament zuweilen auch zu verschärften Massnahmen. So wurde in der Wintersession von Nationalrätin Christine Goll (SP, ZH) vorgeschlagen, die Apotheker anzuhalten, zwingend die preisgünstigsten Medikamente abzugeben. Dieser Vorschlag wurde in einem ersten Schritt sogar knapp angenommen, in der Gesamtabstimmung zur zweiten KVG-Revision jedoch abgelehnt.
Zwangsmassnahmen sind falsch!
Aus der Sicht der (Jung-)Freisinnigen sollten Zwangsmassnahmen nur dann in Betracht gezogen werden, wenn alle marktwirtschaftlichen Versuche fehlgeschlagen haben. In diesem Fall wurden sie gar nicht erst versucht. Anstatt die ärztliche Therapiefreiheit zu gefährden (vgl. Forum Nr. 43 von Frau Trevisan) sollten finanzielle Anreize geschaffen werden, um zur gleichen Wirkung zu gelangen. Folgende Lösungsansätze kommen hier in Frage:
Es werden von der Grundversicherung nur die Generikakosten zurückbezahlt, falls für ein verschriebenes Originalpräparat ein Generikum existiert und dies die Therapie zulässt. Wer trotzdem das Luxusgut Originalmedikament konsumieren will, soll dafür selber aufkommen. Denkbar wäre auch, dass Patienten einen hohen Selbstbehalt zahlen müssen, wenn Sie keine Generika konsumieren wollen.
Der Bund sorgt für eine breite Aufklärung der Bevölkerung betreffend Generika.
Der Arzt verschreibt nur noch den Wirkstoff statt den Markennamen (so genannte Aut-idem-Regelung). Der Kontrahierungszwang soll aufgehoben werden (in den Niederlanden seit 1994 Realität), damit es den Krankenkassen ermöglicht würde, nur Ärzte aufzunehmen, die Patienten kosteneffizient behandeln.
Es soll vom BSV ein stärkerer Preisabschlag auf Generika angeordnet werden.
Mengenanreize müssen bei der Selbstdispensation der Ärzte abgeschafft werden, z. B. durch die Errichtung einer leistungsorientierten Abgeltung bei den selbstdispensierenden Ärzten.
Parallelimporte müssen ohne hinderliche Vorgaben zugelassen werden.
Wie diese Lösungsansätze zeigen, könnte noch sehr viel gemacht werden, um die Kosteneffizienz schon alleine im Medikamentenmarkt zu steigern. Allzu oft lassen sich die Politiker jedoch einschüchtern, wenn bei jedem fortschrittlichen Ansatz zur Kosteneindämmung sofort auf die Gefahr der Zweiklassenmedizin hingewiesen wird. Was bewirkt dieser Einwand? Reformvorschläge werden dadurch zurückgestellt und die Kosten schwellen weiter überdurchschnittlich an. Wie immer will jeder eine Maximalmedizin, nur dafür bezahlen, das will keiner.
Bezahlbares Gesundheitssystem!
Damit kommen wir nicht weiter. Die Jungfreisinnigen wehren sich gegen die Kosten- und Prämienexplosion und werden sich in ihrem Wahlkampf für eine erhöhte Kosteneffizienz im Gesundheitswesen einsetzen.
--- ENDE Pressemitteilung Generika: Über Sinn und Zweck von kostengünstigen Duplikaten ---
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