Doch höhere Prämien, Helena-Chef Manser widerspricht Bundesrat Couchepin

19.05.2004


19.05.2004, Weil die Gesundheitskosten weiter anziehen, werden die Schweizerinnen und Schweizer künftig doch deutlich mehr Geld für ihre Krankenkassenprämien ausgeben müssen.

Noch vor Wochenfrist versprach Bundesrat Pascal Couchepin: "Die Prämienerhöhung wird dieses Jahr unter 5% liegen." Dieser Einschätzung widerspricht nun die Schweizer Marktführerin Helsana vehement. Deren Konzernchef Manfred Manser redet gegenüber der "HandelsZeitung" Klartext: "Ich wüsste nicht, warum die Prämien jetzt weniger ansteigen sollten als in der Vergangenheit." Couchepin gerate bezüglich seiner Prämienpolitik ins Fahrwasser seiner Vorgängerin, alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss, welche nach Meinung Mansers die Prämien politisch und nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien begründete. "Ich gehe davon aus, dass die Prämien in diesem Jahr über 5% steigen werden."

Ärztetarif Tarmed: Negative Überraschungen? Der Helsana-Chef sieht bei den Gesundheitskosten keine Indizien für eine Trendwende. "Die Kosten steigen wohl im gleichen Ausmass wie in den letzten Jahren, dass heisst um 5 bis 6%." Weil die Krankenversicherer zusätzlich Reserven und Rückstellungen bilden müssten, kommt Manser zum Schluss: "Der Prämienanstieg müsste eigentlich rund ein Drittel über demjenigen der Kosten liegen." Dies würde einen neuen Prämienschub von 8 bis 9% bedeuten. Keine Entlastung bei den Gesundheitskosten erwartet Manser auch vom neu eingeführten Ärztetarif Tarmed: "Positive Überraschungen wird es punkto Tarmed kaum geben, negative können hingegen nicht ausgeschlossen werden." Schon im letzten Jahr habe Bundesrat Couchepin zu einem Taschenspielertrick gegriffen, in-dem er die Rabatte bei der wähl-baren Jahresfranchise gekürzt und so die Prämienanpassung künstlich nach unten korrigiert habe, kritisiert der Helsana-Konzernchef den Bundesrat weiter. "Ich habe den Eindruck, dass dieses Jahr wieder etwas Ähnliches passiert." (spi/stä)

Heftige Kritik an Pascal Couchepin Nach verbalen Angriffen im Vorjahr wollte Sozialminister Couchepin heuer offensiv über die Prämien informieren. Diese sollen weniger als 5 Prozent ansteigen. Doch Helsana-Chef Manser widerspricht. Pascal Couchepin provoziert gern. Nach den harschen Reaktionen von letztem Jahr, als der Sozialminister darauf verzichtet hatte, die Prämienerhöhung bei den Krankenversicherungen zu kommentieren, zieht er es jetzt aber vor, gute Stimmung zu verbreiten. «Die Prämienerhöhung wird dieses Jahr unter 5% liegen», sagte er unlängst vor Pharmavertretern. Nicht alle teilen diese Meinung: Helsana-Chef Manfred Manser widerspricht Couchepin im Interview mit der «HandelsZeitung». Die Aussagen des Bundesrates seien politisch und nicht betriebswirtschaftlich motiviert. Manser zeigt sich überzeugt, dass die Prämien über 5% ansteigen werden. «Wir gehen davon aus, dass sich auf der Kostenseite nichts ändert. Ich wüsste nicht wieso», sagt Manser. Gesundheitskosten und Prämien werden unverändert ansteigen, solange im 48 Mrd Fr. teuren Gesundheitswesen - 18 Mrd Fr. entfallen auf die obligatorische Krankenpflegeversicherung - gänzlich falsche Anreize bestehen.

*Idealistisches Menschenbild* Derzeit haben die Versicherten kein Interesse daran, nur die wirklich notwendigen Gesundheitsdienstleistungen zu konsumieren. Spitäler sehen sich nicht veranlasst, die Überkapazitäten bei Betten und medizinischer Infrastruktur abzubauen. Das Überangebot führt im heutigen System zwangsläufig zu einer Mengenausdehnung. Auch die auf eigene Rechnung arbeitenden Ärzte würden sich selber schaden, wenn sie nur noch sinnvolle Untersuchungen und Therapien verordneten. Und im abgeschotteten Schweizer Markt können die Medikamentenhersteller und - importeure seelenruhig überrissene Preise verrechnen. Wer von den Konsumenten und Anbietern im Gesundheitswesen erhofft, dass sie entgegen ihrem eigenen Vorteil auf die Kostenbremse treten, geht von einem idealistischen Menschenbild aus. Nur mit einer konsequenten Förderung der richtigen Anreize können die Kosten kontrolliert werden.

*Kontraproduktiver Couchepin* Gegen das heilige Gebot eines vernünftigen Anreiz-Systems verstiess der Hohe Priester Pascal Couchepin allerdings selber, als er letztes Jahr bei den wählbaren Franchisen die Rabatte kürzte. Versicherte, die aus freien Stücken eine hohe Franchise wählen, vermeiden unnötige Arztbesuche und Medikamente, weil sie diese weit gehend aus der eigenen Tasche zahlen. Folglich machen Rabatte bei hohen Franchisen Sinn. Aber Couchepin hat sich politisch opportunistisch für den kurzfristig prämiendämpfenden Effekt bei den niedrigeren Franchisen entschieden. Der Helsana-Chef lobt Couchepin aber auch ausdrücklich. Zum Beispiel für das schnelle Tempo, das dieser nach der gescheiterten Revision des Krankenversicherungsgesetzes eingeschlagen hat. Der Bundesrat will die Vorlagen nun paketweise durchs Parlament schleusen. Mit diesem Vorgehen erhofft er sich, unheilige Allianzen zu vermeiden. Und die Vorschläge gehen nach Ansicht von Manser in die richtige Richtung. Er attestiert Couchepin auch Lernfähigkeit, weil dieser nun willens sei, die bisherigen Tabuthemen Medikamentenpreise und Generikaförderung anzupacken.

- Medikamente verursachen 25 Prozent der Gesundheitskosten. - Allerdings sei zu befürchten, dass das Parlament die zaghaften Reformbemühungen wieder stark verwässere. Deshalb werden viele Forderungen von Helsana und anderen Versicherern wohl eine Illusion bleiben. Auf der Wunschliste stehen:

- Die völlige Vertragsfreiheit zwischen Krankenversicherern und den Leistungserbringern. «Es genügt nicht, die rund 20% schwarzen Schafe auszuschliessen», sagt Manser. In gewissen Kantonen gebe es ein riesiges Überangebot an medizinischen Anbietern. Mit der Vertragsfreiheit könne dieses reduziert werden.

- Förderung von Generika und Senkung der Medikamentenkosten. Dies könne mit der Wirkstoffverschreibung sowie der Zulassung von Parallelimporten erreicht werden. Die Medikamente machten nicht nur 10% der Gesundheitskosten aus, wie das die Pharmain-dustrie weismache, sondern rund 25%, sagt Manser.

- Eine Optimierung des Risikoausgleichs, damit verhindert werde, dass durch gezielte Selektion mehr für den Unternehmenserfolg getan werden kann als mit einem erfolgreichen Kostenmanagement. Der Risikoausgleich berücksichtigt heute erst Alter und Geschlecht.

- Die Regelung der Pflege im Alter. Die Helsana macht sich für eine obligatorische Alterspflegeversicherung ab 50 stark.

-Mittelfristig sollen Spitäler nur noch aus einer Hand finanziert werden. Das schaffe klare Verantwortlichkeiten und reduziere die Kosten.

Im Gesundheitssystem brauche es keine Rationierung, ist Manser überzeugt. Es genüge, das vorhandene Sparpotenzial auszuschöpfen. Die Helsana will auch in Zukunft Varianten prüfen, um mit innovativen Ansätzen die Gesundheitskosten zu senken. Derzeit führt sie Versuche durch, indem sie ihren Versicherten die kostengünstigere Behandlung in Rehakliniken im nahen Ausland vorschlägt. Man könne sich durchaus auch vorstellen, diese auf den Akutbereich und auf den Medikamenteneinkauf auszudehnen.

Quelle: Handels-Zeitung

---------------- weiterer Bericht zu diesem Thema

Nachgefragt: Manfred Manser, Konzernchef Helsana "Prämien werden über 5 Prozent steigen" Bundesrat Pascal Couchepin hat gesagt, die Krankenkassenprämien würden in diesem Jahr weniger als 5% steigen. Teilen Sie diese Meinung? Nein. Ich wüsste nicht, warum die Prämien jetzt weniger ansteigen sollten als in der Vergangenheit. Ich gehe davon aus, dass sie in diesem Jahr über 5% steigen werden.

Gibt es denn keine Entlastung bei den Gesundheitskosten? Nein, im Gegenteil. Es gibt keine Indizien für eine Trendwende. Denn es sind auch keine prämiensparenden Massnahmen in der Pipeline. Die Kosten steigen wohl im gleichen Ausmass wie in den letzten Jahren, das heisst um 5 bis 6%. Zusätzlich müssen die Krankenversicherer Reserven und Rückstellungen bilden. Das heisst, der Prämienanstieg müsste eigentlich rund einen Drittel über demjenigen der Kosten liegen.

Bringt der neu eingeführte Ärztetarif Tarmed keine Entlastung bei den Kosten? Wir kennen die genauen Auswirkungen des Tarmed noch nicht, da wir von einem grossen Teil der Spitäler für die ambulante Behandlung noch gar keine Rechnungen bekommen haben. Wir sind zwar froh, wurde der Tarmed eingeführt. Doch ich glaube nicht an eine Entlastung. Positive Überraschungen wird es punkto Tarmed kaum geben, negative können hingegen nicht ausgeschlossen werden.

Tut Bundesrat Couchepin genug, um die Gesundheitskosten zu dämpfen und den Prämienanstieg zu stoppen? Herr Couchepin gerät offensichtlich bezüglich seiner Prämienpolitik ins Fahrwasser seiner Vorgängerin, alt Bundesrätin Ruth Dreifuss. Auch sie begründete die Prämien politisch und nicht nach betriebswirtschaftlichen Kriterien. Ich anerkenne aber, dass Herr Couchepin Tempo macht bei der KVG-Reform. Diese bringt jedoch keine unmittelbare Kostensenkung. Im Gegenteil: Verschiedene Vorschläge wie die Spitalfinanzierung erhöhen die Kosten. Andere Massnahmen sind zwar gut, aber sie werden dann doch nicht durchgesetzt.

Sie rechnen also damit, dass trotz den Vorschlägen von Bundesrat Couchepin die Gesundheitskosten weiterhin stark steigen? Ja.

Wird der Öffentlichkeit punkto Kostenentwicklung und Prämienanstieg denn vom Bundesrat nicht klarer Wein eingeschenkt? Schon im letzten Jahr hat Bundesrat Couchepin zu einem Taschenspielertrick gegriffen, indem er die Rabatte bei der wählbaren Jahresfranchise gekürzt und so die Prämienanpassung künstlich nach unten korrigiert hat. Ich habe den Eindruck, dass dieses Jahr wieder etwas Ähnliches passiert. Couchepin will Druck machen auf die Krankenversicherer, doch das ist für mich eine reine Politshow.

Was müsste der Bundesrat tun, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen? Die nun gemachten Vorschläge gehen in die richtige Richtung. Aber man müsste sie für einmal konsequent durchziehen. Wir müssen uns endlich gegen die Planwirtschaft und für ein wettbewerbliches Modell entscheiden. In all den Vorschlägen des Bundesrates wird zwar von wettbewerblichen Instrumenten gesprochen. Schliesslich werden aber immer wieder Rahmenbedingungen eingebaut, die den Wettbewerb wieder verhindern. INTERVIEW: MARTIN SPIELER UND MARKUS STÄDELI

--- ENDE Pressemitteilung Doch höhere Prämien, Helena-Chef Manser widerspricht Bundesrat Couchepin ---


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