Experten erwarten über 1000 Tote. Das müsste nicht sein, wenn konsequent geimpft würde. Doch die Quote ist zu gering. Ein Impf-Zwang könnte hunderte Leben retten.
"ES WÄRE wünschenswert, wenn sich möglichst viele gegen Grippe impfen würden", sagt der Basler Arzt Lucas Sponagel. Denn: Impfen ist für Fachleute die beste und kostengünstigste Vorsorge gegen Grippe. Und die tauglichste. Allein besser durchgeimpftes Pflegepersonal könnte jährlich bis zu 300 Grippetote vermeiden.
Aus rechtlichen Gründen kann bislang niemand zur Impfung verpflichtet werden. Trotzdem macht jetzt unter Ärzten das Reizwort "Impf-Obligatorium" die Runde. Öffentlich fordern mag das noch niemand, denn Impfen ist bei vielen Leuten immer noch verpönt. Arzt Sponagel setzt deshalb auf Freiwilligkeit: "Überzeugung ist besser als Zwang."
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Der Grippe-Hammer schlägt in der Schweiz unerbittlich zu. Einige Fachleute wünschen darum, dass sich möglichst viele gegen Grippe impfen lassen. Andere sind dagegen. Um den kleinen Pieks tobt bei uns ein Riesenstreit.
Egal ob Masern, Mumps, Röteln oder Grippe: Impfungen sind umstritten. Impf-Befürworter berufen sich auf die Erfolge, welche konsequentes Impfen im Kampf gegen Krankheiten bereits gebracht hat: Starrkrampf, Pocken und Kinderlähmung etwa, Schreckensgespenster der Geschichte, konnten praktisch ausgerottet werden.
Impf-Gegner befürchten eine Verweichlichung, wenn gegen alles und jedes geimpft wird. Ferner verweisen sie auf die teils gravierenden Impf-Folgeschäden, die auftreten können. Die Mediziner Hans Binz, Kantonsarzt aus Solothurn, und Peter Mattmann, Facharzt für Homöopathie FMH mit eigener Praxis in Kriens LU, haben das Heu in Sachen Impfen nicht auf derselben Bühne. Für BLICK legen sie ihre Argumente dar.
Meinung: PRO
Dr. med. Hans Binz, Kantonsarzt, Solothurn
Schnelles und sicheres Mittel
Die Grippe ist keine harmlose Krankheit. Jährlich erkranken in der Schweiz zwischen 100 000 und 300 000 Personen an Grippe. Zwischen 1000 und 5000 müssen hospitalisiert werden. Mehrere hundert Personen sterben an den Folgen schwerwiegender Komplikationen. Es sind dies hauptsächlich ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen. Die Verschlechterung des Allgemeinzustandes führt zu einer erhöhten Pflegebedürftigkeit, so dass die gewohnten Hilfsangebote von Angehörigen, Nachbarn und Spitex nicht genügen. Warum impfe ich mich seit Jahren gegen die Grippe?
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Die Grippeimpfung ist das einfachste, billigste, schnellste und sicherste Mittel, um mich gegen Grippe zu schützen
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Ich schütze auch meine Familie und bin keine Gefahr für ältere Menschen; denn wer geimpft ist, kann die Grippe nicht weitergeben.
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Ich kann schwerwiegende Komplikationen, teure Spitaleinweisungen und krankheitsbedingte Arbeitsausfälle verhindern.
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Die Impfung kostet mich weniger als die Grippeerkrankung, und meine Lebensqualität bleibt erhalten.
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Es gibt keine hinweise, dass mir eine Grippeerkrankung einen Nutzen bringt. (Vitamine, Sport, gesunder Lebensstil und gute Ernährung sind wichtig. Sie genügen aber nicht, um eine Grippe zu verhindern.
Meinung: CONTRA
Dr. med. Peter Mattmann-Allamann, FA Homöopathie FMH, Hausarztpraxis
Hohes Risiko, wenig Nutzen
Wer sich gegen Grippe impfen lässt, weiss nicht, ob er sich mehr nützt oder schadet. Der Impfschutz ist minimal. Leider ist nicht auszuschliessen, dass die Grippeimpfung schadet. Im Unterschied zu allen andern in der Schweiz zugelassenen Medikamenten gibt es für Impfstoffe keine Studien, die einwandfrei beweisen, dass sie unschädlich sind. Wer sich impfen lässt, geht- bei fraglichem Nutzen- ein überdurchschnittliches Gesundheitsrisiko ein. Es gibt viele Einzelfallberichte über lästige bis schwere Gesundheitsschäden nach Grippeimpfung. Die langfristigen Auswirkungen sind nicht untersucht.
Eine durchgemachte Grippe stärkt die Abwehrkräfte stärker und dauerhafter als eine Impfung. Vielleicht schwächen regelmässige Impfungen langfristig die Grippeabwehr.
Die aktuelle Panikmache der Behörden und Impf-Pharma-Hersteller ist unberechtigt. Die Grippe kam zwar früher als sonst, aber die Verläufe in der Hausarztpraxis sind eher milder als in anderen Jahren. Die schweren Komplikationen, mit denen Angst erzeugt wird, haben mehr mit der schwachen Lebenskraft dieser Patienten als mit dem Influenza-Virus zu tun. Sie können nicht verhindert werden, weil sie auch durch viele andere Viren ausgelöst werden, gegen die die Impfung wirkungslos ist.
Die aktuelle Kampagne ändert am Schicksal der Grippepatienten nichts. Sie fördert nur Medikamentenabsatz und Arztbesuche. In einer Zeit, wo alles vom Sparen im Gesundheitswesen redet! Wann endlich machen die Behörden diesem Unsinn ein Ende?
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Nicht geimpfte Hebamme wurde Todesengel
Muss sich das Pflegepersonal impfen lassen? Die Frage ist nicht neu. Schon 1883 wurde die Thalwiler Hebamme Emma Hotz wegen leichtfertiger Verbreitung der Pocken" angeklagt. Sie war nicht geimpft.
Das Drama nahm seinen Lauf, als Ende September 1883 das 2jährige Söhnchen des Jacquardwebers Nikolaus Zimmermann an Pocken erkrankte und wenig später starb. Denn für den Weber arbeitete auch die 22jährige Tochter des Rasieres Hotz. Dessen Frau Emma wirkte als Hebamme im Dorf.
Obwohl die arme Frau wie ihr Gatte und die Tochter alsbald an Pocken erkrankte, verheimlichte sie ihre Krankheit. Das gelang ihr darum, weil sie nur wenig "Süren", also Pockenblasen, im Gesicht hatte. Sie betätigte sich weiter als Hebamme. Und wurde damit zum Todesengel: Wohin Emma Hotz auch kam, kaum war sie wieder weg, erkrankten die Iünder und starben. Erst als ein Zürcher Doktor die Hebamme zu Gesicht bekam, flog sie auf: "Sie haben ja die Pocken", habe er gerufen und sei von ihr zurückgewichen.
Insgesamt rafften die Pocken 21 Thalwiler dahin. Die Hebamme Hotz wurde wegen "leichtfertiger Verbreitung" der Krankheit angeklagt. Doch schon damals wussten sich die Impf-Gegner zu wehren: Auf ihre Veranlassung wurde die Hebamme freigesprochen.
--- ENDE Pressemitteilung Grippe-Hammer - Riesenstreit um den kleinen Pieks ---
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