75. Jubiläum Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz VIPS

16.05.2025 | von Eidgenössisches Departement des Innern EDI

Uhr Lesedauer: 7 Minuten


16.05.2025, Luzern - Rede von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider anlässlich der Jubiläums-Generalversammlung der Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz (VIPS) in Luzern. Es gilt das gesprochene Wort.


75 Jahre – und die Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz arbeitet immer noch voller Elan und Energie: Das ist vorbildlich! Wenn alle mit 75 Jahren noch so fit wären, wäre mein Mandat deutlich leichter, ich denke dabei an die Kostendämpfung in der Gesundheitspolitik oder auch an die Finanzierung der Sozialversicherungen. Im Ernst: Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem stolzen Jubiläum!

Die Schweiz verfügt über ein Gesundheitssystem, das im internationalen Vergleich sehr gut dasteht. Wir haben Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung, eine gut ausgebaute Infrastruktur und eine starke forschende Industrie.

Sie stellen eine sehr gute Frage anlässlich Ihrer Versammlung: Ist dieses sehr gute System auch wirklich patientengerecht? Und da muss die Antwort differenziert ausfallen. Die Kostenbeteiligung der Patientinnen und Patienten ist hoch – besonders für chronisch Kranke oder wirtschaftlich Schwächere. Der Zugang zu innovativen Therapien ist nicht immer so schnell, wie es sich die Betroffenen wünschen. Und oft fühlen sich Betroffene in der Komplexität des Systems nicht ausreichend informiert oder begleitet.

Die Patientinnen und Patienten müssen im Zentrum stehen
Wir alle – Politik, Verwaltung, Versicherer, Leistungserbringer und auch die Industrie – tragen Verantwortung dafür, das Gesundheitssystem so zu gestalten, dass die Patientinnen und Patienten konsequent im Zentrum stehen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Gesundheitsdienstleistenden und Patientinnen und Patienten gewahrt bleibt, und dass medizinische Fortschritte und Innovationen ebenfalls im Zentrum stehen, selbstverständlich bei angemessener Nutzung und Kostenkontrolle. Gerade die Pharmaindustrie spielt dabei eine zentrale Rolle.

Sie entwickelt lebenswichtige Therapien, ermöglicht medizinischen Fortschritt – und ist bekanntlich auch volkswirtschaftlich überaus bedeutend. Aber Patientengerechtigkeit bedeutet eben auch faire – und also nachvollziehbare – Preise. Gerade weil die Kosten für Medikamente über die Krankenversicherung – und damit von uns allen – bezahlt werden, müssen sie in einem vernünftigen Rahmen und damit gesellschaftlich akzeptiert sein.

Verständnis für das gesellschaftliche Umfeld, Politisches Sensorium, Pragmatismus, eine Kultur der Kompromissbereitschaft: Das ist die Basis, auf der Ihre Branche und die Politik immer wieder nach Lösungen suchen müssen. Und das gelingt uns meistens sehr gut. Der Kompromiss gehört zu unserer politischen Kultur und zeichnet sie aus, sozusagen als Markenzeichen. Dabei hat es der Kompromiss in der Weltpolitik gerade nicht einfach… Die Machtpolitik ist zurück, Internationale Regeln und Verträge werden in Frage gestellt, und Kompromisse werden als Zeichen der Schwäche diskreditiert. Zu Unrecht! Denn Kompromisse sind nicht ein Zeichen der Schwäche, sondern ein Zeichen der Vernunft! Sie erlauben überhaupt Fortschritte, dank mehrheitsfähigen Lösungen.

Gerade in diesen unruhigen, unsicheren Zeiten ist es wichtig zu betonen: Die Kompromisskultur hat unser Land und unsere Gesellschaft historisch stets gestärkt – und das gilt auch heute und in Zukunft. Und sie hat auch den Wirtschaftsstandort Schweiz vorangebracht: Denn dieser lebt von der kritisch-konstruktiven Unterstützung Ihrer Industrie durch Bevölkerung und Politik.

Die Bedeutung der Pharmabranche
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass sich der Bundesrat der Bedeutung der Pharmabranche für den Standort Schweiz voll und ganz bewusst ist. Der Bundesrat ist sich insbesondere bewusst, wie sehr die Ankündigungen des US-Präsidenten zu Zöllen und Arzneimittelpreisen Ihre Branche verunsichern. Und Sie können sicher sein, dass wir uns auf internationaler Ebene für die Interessen der Schweizer Wirtschaft im Allgemeinen und ihres wichtigsten Exportsektors im Besonderen einsetzen. Für dieses Ziel stehen wir in einem engen und guten Dialog, insbesondere mit dem Wirtschaftsdepartement meines Kollegen Guy Parmelin.

Gleichzeitig ist klar: Die Interessen von Pharmaunternehmen, Patienten, Krankenversicherern und Bundesamt für Gesundheit divergieren teilweise. Patientinnen und Patienten wünschen einen schnellen Zugang zu wirksamen Arzneimitteln. Pharmaunternehmen wollen eine möglichst schnelle Vergütung zu einem Preis, der ihre Investitionen rentabel macht, und Krankenversicherer wollen eine möglichst bezahlbare Finanzierung.

Das BAG ist zuständig für die Vergütung von Arzneimitteln und ist dabei, da dem Allgemeinwohl verpflichtet, nicht einzig auf Kostengünstigkeit ausgerichtet. Es ist daher klar, dass das BAG und ein börsenkotiertes Pharmaunternehmen teilweise andere Ziele verfolgen. Das ist völlig legitim und ganz bestimmt kein Grund, an der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Politik und Industrie zu zweifeln.

Wir treffen uns oft mit der VIPS und anderen Pharmaverbänden, um über diese Herausforderungen bei der Vergütung, beim Zugang und bei der sicheren Versorgung mit Medikamenten zu sprechen. Und ich nehme die Anliegen der Pharmaunternehmen dabei stets sehr ernst. Beide Seiten wissen: Wir bewegen uns in einem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spannungsfeld. Die Gesundheitskosten und damit die Krankenkassenprämien steigen jährlich stark an, was weite Teile der Mittelschicht zunehmend unter Druck setzt und der unteren Mittelschicht gar existentielle Sorgen bereitet. Dies führt unweigerlich zu gewissen Spannungen, wenn es darum geht, wie viel ein Medikament kosten darf und wer diesen Preis festsetzen kann. Dabei müssen wir stets die Interessen der Schweizer Bevölkerung für einen Zugang zu sehr guten, aber auch finanzierbaren Medikamente berücksichtigen.

Ihr Verband ist für die Versorgung mit Medikamenten ein unverzichtbarer Partner. Die Schweiz hat einen ausgezeichneten Zugang zu Medikamenten und vergütet ihn auch überdurchschnittlich gut: In keinem Land in Europa sind Preise und Kosten für Medikamente so hoch wie in der Schweiz. Wir geben jährlich über 1000 CHF pro Kopf für Medikamente aus. Medikamente sind der zweitgrösste Kostenblock in der obligatorischen Krankenversicherung. Bezüglich Kosten und Preise ist die Schweiz somit eigentlich das attraktivste Land für Pharmaunternehmen in Europa. Mit Bezug auf den Zugang und die Vergütung sind wir das viertbeste Land. Auch das ist eine sehr gute Platzierung. Trotzdem haben wir in bestimmten Bereichen einen suboptimalen Zugang zu neuen Medikamenten, was insbesondere mit der geringen Marktgrösse zu tun hat. Die Schweiz steht für die grossen Pharmakonzerne nicht zuoberst auf der Liste. Und ob das in einer Welt, in der Zollschranken hochgezogen werden, besser wird, ist alles andere als sicher.

Pragmatische und gutschweizerische Kompromisse anstreben
Die Versorgung und der Zugang zu Medikamenten sind für mich ein zentrales Anliegen. Zusammen können wir hier viel erreichen. «Zusammen» heisst, dass man also pragmatische und gutschweizerische Kompromisse anstrebt. Entsprechend hat das Parlament im Rahmen des Kostendämpfungspakets 2 Mengenrabatte auf umsatzstarke Medikamente als wichtige kostendämpfende Massnahme beschlossen aber auch die Möglichkeit der Vergütung von wichtigen Medikamenten am Tag der Zulassung. Zudem ist die differenzierte Prüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) für viele Pharmaunternehmen sehr relevant, um die Versorgung mit lebenswichtigen und kostengünstigen Medikamenten in der Schweiz aufrecht zu erhalten. Damit besteht die Möglichkeit, preis- und kostengünstige Medikamente von der periodischen Überprüfung zu befreien.

VIPS wurde mit anderen Pharma- Akteuren für die Umsetzung dieser und weiterer Massnahmen vom BAG bereits zu mehreren Arbeitsgruppensitzungen eingeladen. Es wird nun ein grosses Paket zur Anpassung von Verordnungen vorbereitet, damit die Massnahmen bald dem Bundesrat sowie den parlamentarischen Kommissionen vorgelegt werden können. Ausserdem hat der Bundesrat schon angekündigt, bis im Sommer einen direkten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zur medizinischen Versorgungssicherheit» auszuarbeiten. VIPS ist Teil des Initiativkomitees und darum in die laufenden Gespräche eingebunden. Wir werden sehen, was der Bundesrat entscheidet, aber ich möchte mich schon jetzt für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Ich bin darum optimistisch, dass wir konsensbasierte Lösungen erzielen können und dabei unser gemeinsames Ziel stets im Auge behalten: Nämlich eine gute und auch finanzierbare Versorgung mit Medikamenten in der Schweiz aufrechtzuerhalten.

Wir sind global mit neuen Realitäten konfrontiert, als Staat, als Wirtschaftsstandort, als Gesellschaft – und wir müssen unsererseits realistischer werden. Als kleines Land können wir den Zustand der Welt bekanntlich nur beschränkt beeinflussen. Aber eines können wir: Die Schweiz möglichst robust und resilient aufstellen für die disruptive Welt des 21. Jahrhunderts. Und das geht nur gemeinsam. Ich danke Ihnen für die konstruktive Zusammenarbeit, auch in den nächsten 75 Jahren.


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--- ENDE Pressemitteilung 75. Jubiläum Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz VIPS ---

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