Arzneimittelversand in der Schweiz: Sicher ist sicher |
02.10.2015
| von Portal Helpnews.ch
Zürich (helpnews) - 02.10.2015, Ein wegweisendes Urteil: Der Schweizer Versandapotheke Zur Rose wird es vom Bundesgericht verboten, rezeptfreie Medikamente ohne Rezept zu versenden – das Prozedere sei zu unsicher. Damit wird der gesamte Schweizer Arzneimittelversand rezeptpflichtig. Das Thema ist auch im restlichen Europa umstritten. In unseren deutschsprachigen Nachbarländern hat es bereits ähnliche Diskussionen gegeben – mit unterschiedlichen Ergebnissen.
Schluss mit rezeptfrei: Auf die Beschwerden von swissmedic und Pharmasuisse hin verbietet das Bundesgericht der Thurgauer Zur Rose AG den Versand rezeptfreier Medikamente. Das Gericht sei der Ansicht, der bei der Bestellung auszufüllende Fragebogen, der von einem externen Arzt überprüft wird, sei keine ausreichende Massnahme zur Gewährung der Sicherheit, schreibt die NZZ. Für eine Versandbewilligung braucht es nun eine ärztliche Verschreibung und die Garantie auf fachkundige Beratung sowie ärztliche Überwachung – auch bei rezeptfreien Arzneimitteln.
Die Zur Rose zeigt sich enttäuscht, dass sie nun anders behandelt wird als Passantenapotheken, die rezeptfreie Medikamente weiterhin ohne Diagnose abgeben dürfen. Da der Versand nicht rezeptpflichtiger Medikamente aber nur 0,3% des Umsatzes der international tätigen Gruppe ausmache, sei die Firma nicht in ihrer Existenz bedroht, berichtet die NZZ weiter.
In Europa tut man sich bisher schwer mit der Liberalisierung des Apothekenmarktes. Anders unsere deutschsprachigen Nachbarländer: In Österreich ist die Versanderlaubnis seit Mitte dieses Jahres Tatsache, und unser nördlicher Nachbar Deutschland nimmt gar seit über 10 Jahren eine Vorreiterrolle in der Angelegenheit Arzneimittelversand ein.
Bild: Bundesverband Deutscher Versandapotheken BVDVA
Deutschland: Liberalisiert und kontrolliert seit 2004
Im Jahr 2003 musste der Europäische Gerichtshof eine Streitfrage zwischen dem Deutschen Apothekerverband und der niederländischen Versandapotheke „0800 DocMorris“ klären. In Deutschland war der Arzneimittelversand verboten, und DocMorris umging dieses Verbot und versandte aus dem Ausland Medikamente in die Bundesrepublik. Der Gerichtshof urteilte schliesslich, ausländische Apotheken dürften rezeptfreie Arzneimittel nach Deutschland versenden, nicht aber rezeptpflichtige.
Ein Jahr später konnten die deutschen Apotheker selbst in den Markt eintreten: 2004 wurde der Arzneimittelversand in Deutschland gesetzlich genehmigt. Seither dürfen Präsenz-Apotheken mit einer Sondererlaubnis Medikamente versenden. Innerhalb der ersten 4 Jahre erhielten rund 1‘800 Apotheken die Lizenz dafür. Daneben entwickelten sich zahlreiche Nischen- und Spezialanbieter.
Rezepte werden beim Arzneimittelversand in Deutschland nur bei rezeptpflichtigen Medikamenten verlangt. Allerdings unterliegt der Versand dort auch umfassenden Sicherheitsauflagen, Anforderungen und Kontrollen: Die Apotheken vor Ort müssen Beratung und Betreuung garantieren, und zugelassene und vertrauenswürdige Versandapotheken sind durch das EU-Sicherheitslogo gekennzeichnet. Sie arbeiten eng mit Herstellern, dem pharmazeutischen Grosshandel und den Aufsichtsbehörden zusammen, wodurch ein hohes Mass an Arzneimittelsicherheit garantiert werden kann.
Das EU-Sicherheitslogo der deutschen Versandapotheken. Quelle: Bundesverband Deutscher Versandapotheken BVDVA
Schweiz: Abwarten der Marktentwicklung nötig
Für die Schweiz gilt: Das Bundesgericht hat mit seinem Urteil bessere Sicherheitsvorkehrungen beim Versand rezeptfreier Medikamente gefordert und das Rezept als sichere Mindestanforderung festgelegt. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Unternehmen mit besseren Sicherheitsvorkehrungen an das Geschäftsmodell des rezeptfreien Versands heranwagen werden. Ist das Interesse an rezeptfreiem Medikamentenversand im Volk gross, so könnte es Bestrebungen in Richtung einer Gesundheitsreform wie derjenigen in Deutschland von 2004 geben, die die Sicherheit beim Arzneimittelversand grundsätzlich gewährleistet. Bis dahin heisst es: Wer bestellt, braucht ein Rezept.
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