Eine fehlerhafte Verbuchung von 2000 Grenzgängern hatte für die kleine Krankenkasse Zurzach verheerende Folgen: Sie führte zu Nachzahlungen von knapp 10 Millionen Franken. Dies überlebte der Krankenversicherer nicht: Per Ende 2002 wurde der Betrieb eingestellt.
Zuletzt hatte die Kasse rund 22000 Versicherte. Sie haben gemäss Gesetz Anspruch auf die Bezahlung von Rechnungen für Behandlungen von Leistungserbringern wie Arzten oder Spitälern sowie für Medikamente. Dies gilt bis zum Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags. Im Fall der KK Zurzach muss der Insolvenzfonds der Gemeinsamen Einrichtung (siehe Box) Forderungen von gegen 18 Millionen Franken begleichen, schätzt Geschäftsführer Rolf Sutter.
Deshalb muss der Fondsjetzt aufgestockt werden. Den Kassen teilte Sutter in einem Brief Mitte Mai mit: t)m das Minimalziel von 50 Millionen Franken wieder zu erreichen, hat der Stiftungsrat für das Jahr 2003 einen Beitrag von zwei Franken pro obligatorisch für Krankenpflege versicherte Person festgesetzt."
Bis Mitte 2004 müssen die Versicherer das Geld überweisen, das über Prämien refinanziert wird. Insgesamt spült das 15 Millionen in den Insolvenzfonds. Das ärgert Kassenvertreter. Sie halten diese Institution für einen einseitigen Schutz von Ärzten oder Spitälern vor Verlusten. Peter Marbet, Sprecher des Kassenverbands Santésuisse, widerspricht:
"Wenn die Rechnung eines Leistungserbringers nicht von einem Versicherer gedeckt wird, haftet der Patient. Daher ist dies indirekt auch ein Schutz der Versicherten."
Welche rechtlichen Folgen eine Kassenpleite hat, wollte auch das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) genauer wissen und liess ein Gutachten erstellen. Realisiert wurde es von Experten der Schuld- und Konkursgesetzgebung, den Professoren Isaak Meier und Jürgen Brönnimann, sowie von Pia Gianinazzi, welche eine Dissertation zum Thema verfasst. Die Studie "Probleme bei Insolvenz von Krankenkassen" wird demnächst publiziert.
Bei grösserer Pleite ist der Insolvenzfonds überfordert
Im Gutachten wird darauf hingewiesen, dass Insolvenzfälle je nach Versicherungszweig unterschiedlich abgewickelt werden:
Nach einer Kassenpleite muss für die soziale Grundversicherung der Insolvenzfonds offene Rechnungen von Versicherten begleichen. Reicht der Fonds nicht aus, werden laut Krankenversicherungsgesetz (KVG) alle anderen Versicherten proportional zur Zahl ihrer Kunden zur Kasse gebeten.
Offene Rechnungen im dem Privatrecht unterstellten Zusatzversicherungsbereich werden aus dem "gebundenen Vermögen" berappt. Dieses muss von jedem Versicherer nach einer bestimmten Formel für den Fall eines Konkurses aufgebaut werden.
Laut Isaak Meier ist prüfenswert, ob Kassen nicht auch für ihre Grundversicherten ein "gebundenes Vermögen" ausscheiden sollten. Dann würden nicht mehr sämtliche Versicherten für die Pleite eines Versicherers zur Kasse gebeten. Zudem gibt es zwei gravierende Lücken im Versicherungsschutz:
Die Ansprüche aus einer freiwilligen Taggeldversicherung nach KVG werden bei einem Kassenkonkurs nicht durch die GE übernommen. Daher hält Meier fest: "Deshalb ist stossend, dass ein gebundenes Vermögen fehlt."
Im Fall der KK Zurzach verpflichtete sich die Swica, sämtliche Zusatzversicherten ohne Gesundheitsprüfung aufzunehmen. Falliert ein grösserer Versicherer, dürfte kaum eine Kasse zu einem solchen Schritt bereit sein. Dann könnten ältere und kränkere Versicherte ihren Versicherungsschutz verlieren, für den sie unter Umständen jahrelang bezahlt haben. Denn im Zusatzversicherungsbereich kann ein Versicherer Antragstellern die Aufnahme ganz oder teilweise verweigern.
Beim BSV wird nun abgeklärt, ob auf Grund der Ausführungen des Gutachtens gesetzlicher Handlungsbedarf besteht.
--- ENDE Pressemitteilung Alle bluten wegen Pleite der Krankenkasse Zurzach ---
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