Einzelne Versicherte beklagen einen Prämienschub von bis zu 28 Prozent.
Einen Monat danach erlebt die Panorama nun ihrerseits eine böse Überraschung. Sie hat die Kündigung von der Hälfte ihrer Versicherten erhalten - in einem Block. Der Massenaustritt kam zustande, weil 29 000 der 65 000 Panorama-Kunden dem Verein «Pro Life» angeschlossen sind. Pro Life ist 1989 von Abtreibungsgegnern gegründet worden. Seine Mitglieder verpflichten sich, nie eine Abtreibung der Kasse zu melden. Im Gegenzug kommen sie in den Genuss eines günstigen Kollektivvertrages, den Pro Life mit der Panorama (früher Personalkrankenkasse der Stadt Zürich) abgeschlossen hat.
Der Pro-Life-Vorstand reagierte prompt auf den Prämienschock und kündigte den Vertrag mit der Panorama. Mit Schreiben vom 23. Mai teilt er seinen Mitgliedern mit, dass Sansan die neue Partnerkasse sei. «Die Kündigung all Ihrer Versicherungsverträge bei der Panorama ist erfolgt», heisst es in dem Brief. Die Sansan biete eine günstigere Grundversicherung an als die Panorama, versichert der Vorstand.
Mit diesem scheinbaren Happy End für die Versicherten fängt die Geschichte erst an, denn die Panorama will um ihre Kunden kämpfen. «Nächste Woche leiten wir rechtliche Schritte ein», kündigt Panorama-Geschäftsführer Michael Gerig an. Er glaubt, dass Pro Life keine Kompetenz habe, im Namen ihrer Mitglieder die Kasse zu wechseln. Support bekommt er von Reto Egloff vom Bundesamt für Sozialversicherung: «Wir sind der Ansicht, dass kollektive Kündigungen nicht zulässig sind.» Pro- Life-Geschäftsführer Gerd-Josef Weisensee beruft sich hingegen auf Vollmachten, die alle seine Mitglieder unterzeichnet haben. Wer Recht hat, muss nun das Bezirksgericht Zürich klären - in grösster Eile, denn die Massenkündigung gilt per 1. Juli.
Dass die Panorama kämpft, überrascht nicht, denn die Pro-Life-Leute gelten als gute Risiken. Sie sind jünger als der Bevölkerungsdurchschnitt. Zudem hätten viele einen christlichen Hintergrund, erklärt Weisensee. «Das schlägt sich in der Lebensführung nieder.» Die Pro-Life-Leute seien relativ gesund. «Die Leistungskosten dieser Versicherten sind tatsächlich unterdurchschnittlich», bestätigt Gerig.
Deshalb sind die Pro-Life-Leute für die angeschlagene Kasse interessant. Die Finanzprobleme der Panorama sind entstanden, weil sie zu schnell gewachsen ist. Innert drei Jahren hat sich ihr Mitgliederbestand verdoppelt. Als Folge davon musste die Panorama plötzlich hohe Beträge in den Risikoausgleich einzahlen. Vereint mit Börsenverlusten, sanken ihre Reserven so unter das gesetzliche Minimum. Attraktiv ist die Pro Life aber auch für die Sansan. Erst im März ist diese Tochterkasse von der Helsana lanciert worden, um gute Risiken anzulocken. Der Kundenstock der Pro Life würde ihr zu einem Traumstart verhelfen.
--- ENDE Pressemitteilung Krankenkasse Panorama verliert die Hälfte ihrer Kunden ---
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