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Sie verwandelt Materie mit Licht

08.11.2024 | von Schweizerischer Nationalfonds SNF


Schweizerischer Nationalfonds SNF

08.11.2024, Bern (ots) - Halb Chemikerin, halb Physikerin und voll und ganz Forscherin: Niéli Daffé befasst sich mit Materialien, die, wenn beleuchtet, Farbe oder Magnetisierung ändern. Mit SNF-Unterstützung untersucht sie dies mit Röntgenstrahlen.

Schon bei den ersten Fragen hallt das Lachen von Niéli Daffé durch die kleine Kaffee-Ecke der Bibliothek im Paul Scherrer Institut (PSI) im Kanton Aargau. "Einer Physikerin gegenüberzustehen, macht den Leuten manchmal wirklich Angst", bestätigt sie. Doch die Expertin für elektromagnetische Materialien sieht ihre Tätigkeit als einen Beruf wie jeden anderen. "Vielleicht mit dem Unterschied, dass das Konzept darin besteht, etwas Unbekanntes als Ziel anzupeilen." Das PSI beherbergt unter anderem die Quelle für Röntgenstrahlen Swiss Light Source, einen Elektronenbeschleuniger (Synchrotron), der wie ein riesiger Donut mit einem Umfang von fast 300 Metern aussieht. Für Niéli Daffé ist das Synchrotron zum zweiten Zuhause geworden. Mithilfe des dort erzeugten intensiven Röntgenstrahls kann die Materialwissenschafterin Moleküle bis hin zu ihrer atomaren Struktur untersuchen. Sie arbeitet insbesondere mit Molekülen, die ihre Farbe sowie ihre elektronischen und magnetischen Eigenschaften ändern, wenn sie beleuchtet werden. Diese neuen Materialien könnten als ferngesteuerte, lichtaktivierbare Schalter in der Molekularelektronik dienen. Jede Minute des Strahls nutzen

"Meine Arbeit befindet sich noch im Stadium der Grundlagenforschung, praktische Anwendungen werden daraus nicht morgen oder übermorgen resultieren", erklärt Niéli Daffé. Doch das macht ihren Alltag nicht zu etwas Abstraktem, ganz im Gegenteil. Zu ihren Highlights gehören die "Synchrotron-Kampagnen", wenn sie an den Röntgenstrahllinien der Anlage arbeiten kann. Diese Zeiträume zum Sammeln von Daten dauern bis zu einer Woche, drei bis vier Mal pro Jahr. "Jede Minute zählt. Die Projekte werden Gremien vorgelegt, und wenn sie machbar und interessant scheinen, erhält man Zeit zur Nutzung des Synchrotrons, die man optimal nutzen muss." Sie erzählt von den Tag- und Nachtschichten, dem Austausch mit anderen Forschenden am Tag und der etwas surrealen Ruhe in der Nacht. Im Vorfeld dieser Versuche müssen vorläufige Ergebnisse und Hypothesen generiert werden, aber auch eine ganze Ladung an Proben und geplanten Experimenten. "Bereits in den ersten Stunden analysieren wir die Ergebnisse live, und je nachdem, was wir beobachten, reagieren wir und passen die Protokolle laufend an." In dieser frühen Phase versucht man zum Beispiel abzuklären, bei welcher Versuchstemperatur interessante Phänomene sichtbar werden oder welche Probenchargen die besten Eigenschaften für die weiteren Tests aufweisen. Ziel ist es, Daten zu sammeln, aus denen neue Erkenntnisse gewonnen werden können.

Preussischblau als Inspirationsquelle

Niéli Daffé arbeitet mit winzigen Würfeln, die aus acht abwechselnd angeordneten Eisen- und Kobalt-Atomen bestehen. Diese Molekülkonstruktionen sind abgewandelte Versionen von Preussisch Blau in Miniaturform. Das Pigment Preussisch Blau wurde zum Beispiel beim Druck "Die grosse Welle" von Kanagawa verwendet. Mehr als zwei Jahrhunderte nach der zufälligen Entdeckung durch einen Farbenhändler Anfang des 18. Jahrhunderts erkannten Wissenschafter, dass die in vielen Gemälden verwendete Farbe weitere interessante Eigenschaften aufweist. Konkret entdeckten sie, dass Polymere aus dem abgewandelten Pigment ihre Farbe oder magnetischen Eigenschaften ändern, wenn sie bei sehr kalten Temperaturen bestrahlt werden. Daraufhin wurden kleinere Moleküle mit diesen Eigenschaften entwickelt. Die resultierenden Einheiten sind winzig, besitzen aber die gleichen photomagnetischen Eigenschaften der Preussischblau-Derivate, von denen sie inspiriert sind. Niéli Daffé arbeitet heute mit Würfeln mit einer Kantenlänge von zwei Nanometern. Sie entwickelt eine Methode zum Auftragen dieser Moleküle auf Oberflächen, ohne die photomagnetischen Eigenschaften zu verlieren. Wenn dies gelingt, könnten die Methode eines Tages für die Herstellung von elektronischen Komponenten verwendet werden.

Materialwissenschaften statt Parfümerie

Niéli Daffé schätz diese Mischung aus angewandter Chemie und Physik, Analyse, Modellierung und Mechanik. "Einerseits spielt man im Kopf Szenarien durch, gleichzeitig ist man aktiv, experimentiert, reagiert, bastelt etwas. Genau das mag ich an der experimentellen Forschung."

Eigentlich hatte die französisch-senegalesische Wissenschafterin ihren akademischen Werdegang "überhaupt nicht geplant". "Mein Vater ist Wirtschaftsprofessor und wurde durch Stipendien und Studium zu dem, was er heute ist. Es steckte in meiner DNA, dass ich studieren würde. Aber ich dachte, dass ich danach in die Industrie gehen würde." Mit 18 Jahren will sie Parfümeurin werden. Sie verlässt Dakar in Richtung Frankreich und studiert Chemie in Montpellier. Ihr Studium schliesst sie mit einem Master in Materialchemie an der Universität Pierre et Marie Curie in Paris ab. "Mir wurde erst gegen Ende des Masters bewusst, dass dieser Studiengang für eine Karriere in der Forschung gedacht war", meint sie lachend. Während des Abschlusspraktikums im Labor wird ihr angeboten, ihr Projekt in Form einer Dissertation fortzusetzen. "So habe ich meine Doktorarbeit begonnen und zum ersten Mal ein Synchrotron betreten, um die magnetischen Materialien zu beschreiben, mit denen ich arbeitete."

Einige Jahre später, im Jahr 2017, landete sie in der Deutschschweiz, genauer gesagt beim Aargauer Teilchenbeschleuniger. Nach mehr als zwei Jahren am PSI sowie einem Aufenthalt am Synchrotron in Grenoble erhielt sie 2021 einen Ambizione-Förderbeitrag des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Über das häufige Umziehen macht sie sich nicht übermässig viele Gedanken. "Seit ich Dakar verlassen habe, bin ich nicht mehr lange an einem Ort geblieben. Ich bin offen, nehme Chancen wahr und sage mir: Solange ich das liebe, was ich tue, ist es die richtige Strategie." Gerade in der Schweiz fühlt sie sich wohl, nicht zuletzt wegen der Seen und Flüsse. "Sie erinnern mich ans Meer, das mag ich", lächelt sie. Zum Schluss meint Niéli Daffé: "Ich bin ein ganz normaler und einfacher Mensch, ich treibe gerne Sport, treffe mich mit Freunden und geniesse zusammen mit meinem Mann die Natur. Und manchmal auch einfach das Nichtstun."

Ein erster Schritt in die wissenschaftliche Unabhängigkeit

Ambizione-Beiträge richten sich an Forschende auf einer frühen Karrierestufe, die selbständig ein Projekt an einer Schweizer Hochschule durchführen und leiten möchten. Das Instrument fördert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz sowie aus dem Ausland. Das Ziel ist, dass sie nach der Förderung entweder ihre wissenschaftliche Laufbahn fortsetzen oder ihre Kompetenzen ausserhalb der akademischen Welt anwenden.

Der Text dieser Medienmitteilung, ein Downloadbild und weitere Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.

Pressekontakt:
Niéli Daffé
Paul Scherrer Institut PSI
Forschungsstrasse 111
5232 Villigen PSI
Schweiz
Tel.: +41 56 310 47 60
E-Mail: nieli.daffe@psi.ch



--- ENDE Pressemitteilung Sie verwandelt Materie mit Licht ---

Über Schweizerischer Nationalfonds SNF:
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert im Auftrag des Bundes die Forschung in allen wissenschaftlichen Disziplinen, von Geschichte über Medizin bis zu den Ingenieurwissenschaften

Um die nötige Unabhängigkeit sicherzustellen, wurde der SNF 1952 als privatrechtliche Stiftung gegründet. Im Zentrum seiner Tätigkeit steht die Evaluation von Forschungsgesuchen. Mit der kompetitiven Vergabe öffentlicher Gelder trägt der SNF zur hohen Qualität der Schweizer Forschung bei.

In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und weiteren Partnern setzt sich der SNF dafür ein, dass sich die Forschung unter besten Bedingungen entwickeln und international vernetzen kann. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der SNF dabei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Zudem übernimmt er im Rahmen von Evaluationsmandaten die wissenschaftliche Qualitätskontrolle von grossen Schweizer Forschungsinitiativen, die er nicht selbst finanziert.

Quellen:
news aktuell   HELP.ch


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