Rückhaltesysteme für Schwangere fallen beim Test durch |
28.11.2023
| von Touring Club Suisse (TCS)
28.11.2023, Beim Test des Touring Club Schweiz und seinem Partner hat keines der Rückhaltesysteme für Schwangere überzeugt. Die Verletzungsrisiken bei einem Unfall bestehen vor allem im Beckenbereich. Der TCS empfiehlt Schwangeren das Anschnallen mit dem herkömmlichen Dreipunktgurt und dabei ein paar Punkte zu beachten.
Das Angurten ist bei schwangeren Frauen immer wieder ein Thema, da irrtümlich vom herkömmlichen Fahrzeuggurt ein hohes Verletzungsrisiko für ein ungeborenes Kind angenommen wird. Viele Frauen nutzen deshalb Gurtadapter, die angeblich dieses Risiko reduzieren. Der TCS hat zusammen mit dem ADAC diese Rückhaltsysteme für Schwangere getestet.
Die im Handel angebotenen Gurtadapter für Schwangere greifen alle in den Verlauf des Beckengurtes ein, unterscheiden sich aber konstruktiv. Im Rahmen des Tests wurden vier typische Vertreter ausgewählt: Ein Gurtadapter bestehend aus einem dünnen Sitzkissen, das mit einem Gurtband mit Kunststoff- Schnappverschlüssen an der Lehne eines Vordersitzes oder mit zwei Karabinern an den Isofix- Verankerungspunkten des Fahrzeugs befestigt wird, ein Gurtadapter mit Kunststoffhaken und ein Gurtadapter mit Metallhaken, die jeweils mit Hilfe eines Gurtbandes am Fahrzeugsitz befestigt werden sowie die Version "Zusatzgurt", der um das Sitzkissen des Fahrzeugsitzes gelegt und daran befestigt wird.
Becken am meisten gefährdet
Bei den durchgeführten Crashtests hielt keiner der getesteten Gurtadapter den wirkenden Kräften stand, vor allem konnte keines der Systeme den Beckengurt beim Aufprall in einer tieferen Position halten. Die Gurtadapter verschlechtern die Umschlingung und damit die Rückhaltung des Beckens. Die an Brust, Bauch und Becken gemessenen Belastungen sind deshalb nicht geringer, sie steigen gegenüber der Sicherung mit dem herkömmlichen Fahrzeuggurt sogar an.
Weil die Hüfte der mit den Gurtadaptern angeschnallten Dummys schlechter zurückgehalten wird, prallen die Knie der beiden angeschnallten Dummys heftiger an das Armaturenbrett. Zudem stellen im Schritt angebrachte Elemente aus hartem Kunststoff und Metall ein zusätzliches Verletzungsrisiko für die werdende Mutter dar.
Um die Sitzposition und den Gurtverlauf für die Crashversuche zu definieren und um praktische Erfahrungen zu sammeln, wurden Anschnallversuche mit Probandinnen unterschiedlicher Grösse, Statur und Schwangerschaftsstadien durchgeführt. Die Crashtests wurden mit einem Dummy ausgeführt.
Den Gurt nicht über den Bauch legen
Der TCS empfiehlt deshalb den herkömmlichen Dreipunktgurt. Dieser belastet den Schwangerenbauch nicht, er kann sowohl die werdende Mutter als auch das ungeborene Kind bei einem Unfall gut schützen.
Wichtig ist, dass der Beckengurt tief unterhalb des Bauches eng am Becken anliegt und der Schultergurt in der Mitte der Brust verläuft. Bei manchen Autos kann man mit der Höhenverstellung des oberen Gurtpunktes die Gurtführung über Schulter und Oberkörper optimieren. So sind sowohl das Baby als auch die Mutter bei einem Crash am besten geschützt.
Der Gurt darf zu keinem Zeitpunkt über den Bauch gelegt werden, da dies das Baby bei einem Aufprall schwer verletzen könnte. Die Rückenlehne sollte zudem nicht zu weit nach hinten geneigt sein.
Nicht mehr im neunten Monat
Schwangere sprechen am besten vorab mit ihrem Arzt über mögliche Risiken und klären, ob es medizinische Gründe gibt, die gegen das Autofahren sprechen. Die Gesundheit sowohl der Mutter als auch des Babys sollen nicht gefährdet werden.
Schwangere Frauen können bis zum achten Monat Auto fahren, ab der dreissigsten Woche werden sie jedoch mit Vorteil bei der Fahrt begleitet. Im neunten Monat hat das Baby fast seine Geburtsgrösse erreicht und wird daher von weniger Fruchtwasser geschützt, was das Risiko schwerer Verletzungen bei einem Unfall (Aufprall auf das Lenkrad) erhöht. In diesem Stadium empfiehlt der TCS, das Auto nur für die Fahrt zur Entbindungsstation zu benutzen. Im Idealfall wird die werdende Mutter dann aber gefahren oder nimmt ein Taxi.
Infobox:
Haben Gurtadapter für Schwangere eine Zulassung?
Einige Hersteller geben in ihrer Werbung an, dass ihr Gurtadapter nach UN-Regelung 16 getestet ist. In der UN-Regelung 16 ist die Genehmigung von Sicherheitsgurten und Rückhaltesystemen (i. d. R. eine Kombination aus Sitz, Gurt und Airbag) beschrieben. Da es sich bei den Gurtadaptern weder um einen eigenständigen Sicherheitsgurt noch um ein vollständiges Rückhaltesystem handelt, können diese Produkte keine Zulassung nach UN-Regelung 16 erhalten - entsprechend ist auf den Gurtadaptern auch kein Genehmigungszeichen und keine Genehmigungsnummer zu finden.
Pressekontakt:
Vanessa Flack, Mediensprecherin TCS
Tel. 058 827 34 41 |
pressetcs.ch | flickr.com
--- ENDE Pressemitteilung Rückhaltesysteme für Schwangere fallen beim Test durch ---
Über Touring Club Suisse (TCS):
Alle 70 Sekunden erfolgt eine Hilfeleistung. 200 Patrouilleure sind jährlich mit etwa 359'000 Einsätzen auf Schweizer Strassen unterwegs und ermöglichen in mehr als 80 % der Fälle eine sofortige Weiterfahrt. Die ETI-Zentrale organisiert jährlich etwa 57'000 Hilfeleistungen, darunter 3200 medizinische Abklärungen und über 1200 Repatriierungen. Die TCS Swiss Ambulance Rescue ist der grösste private Akteur für Rettungsdienst und Krankentransport in der Schweiz mit 50 Fahrzeugen, 17 Logistikbasen und über 35'000 Einsätzen pro Jahr. Die Rechtsschutz-Büros bearbeiten 42'000 Fälle und geben rund 10’000 Rechtsauskünfte. Seit 1908 setzt sich der TCS für die Verkehrssicherheit in der Schweiz ein, indem er Lehrmittel, Sensibilisierungs- und Präventionskampagnen entwickelt, Mobilitätsinfrastrukturen testet und Behörden berät.
Der TCS verteilt jedes Jahr rund 110'000 Leuchtgürtel und 90'000 Leuchtwesten an Kinder, damit auch ihre Mobilität sicher ist. 42’000 Teilnehmende zur Aus- und Weiterbildung zählen die Fahrzentren in allen Kategorien von Fahrzeugen jährlich. Mit 33 Plätzen und rund 950'000 Logiernächten ist der TCS der grösste Campinganbieter der Schweiz. Die Mobilitätsakademie des TCS beforscht und gestaltet die Transformationen im Verkehr, wie die vertikale Mobilität der Drohnen oder die geteilte Mobilität, etwa mit den 400 elektrischen Lastenvelos «carvelo» und 40’000 Nutzenden. Der TCS ist Mitunterzeichner der Roadmap Elektromobilität 2025.
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