Avenir Suisse - Was Bund und Kantone als Reaktion auf die OECD-Steuerreform tun und lassen sollten

15.08.2022 | von Avenir Suisse


Avenir Suisse

15.08.2022, Zürich (ots) - Avenir Suisse nimmt die vor kurzem angelaufene Umsetzung der OECD-Mindeststeuer im Inland zum Anlass, zentrale Aspekte der bundesrätlichen Vorlage aus liberaler Warte kritisch zu hinterfragen, Auswirkungen der Reform auf die staatliche Investitionsförderung zu erläutern und Empfehlungen zur Standortpolitik abzugeben. Es zeigt sich: Bund und Kantone sollten keine neue, systemfremde Umverteilung einführen, Zurückhaltung bei der Ausweitung der Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten üben und die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen verbessern.

Die Schweiz steht vor einer weiteren Unternehmenssteuerreform, weil ab 2024 für internationale Grosskonzerne weltweit dieselben Besteuerungsregeln gelten sollen. Damit andere Staaten nicht einen Teil der hierzulande erwirtschafteten Gewinne besteuern können, möchte der Bundesrat im Einklang mit den OECD-Vorgaben eine neue Steuer einführen. Die sogenannte Ergänzungssteuer soll sicherstellen, dass alle betroffenen Konzerne den Mindeststeuersatz von 15% erreichen.

Warum auf den Bundesanteil an der Ergänzungssteuer verzichtet werden sollte

Ab 2024 sollen ein Viertel der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer an den Bund und drei Viertel an die Kantone fliessen. Am Ursprung dieser Aufteilung - und Forderungen nach einer Erhöhung des Bundesanteils - stehen hohe Erwartungen hinsichtlich Mehreinnahmen. Diese vernachlässigen den Effekt der höheren Steuerbelastung auf die Unternehmensgewinne. Wie die vorliegende Analyse zeigt, ist mit einem moderaten Rückgang derselben zu rechnen. Die Mehreinnahmen werden folglich überschätzt.

Vor diesem Hintergrund droht der Bundesanteil den finanziellen Spielraum der Kantone unnötig einzuengen. Besonders für ressourcenstarke Kantone mit einem Steuersatz nahe oder über 15% könnte die Reform bereits bei einer geringen Abnahme der Unternehmensgewinne zu einem Verlustgeschäft werden. Die zusätzliche Umverteilung wäre zudem ein Fremdkörper im föderalen Gefüge, verfügt die Schweiz doch über einen funktionierenden Finanzausgleich, der interkantonale Disparitäten effektiv reduziert.

Paradigmenwechsel bei Förderung von Forschung und Entwicklung verlangt Transparenz seitens der Kantone

Die OECD nimmt mit dem neuen Regelwerk auch auf die Investitionsförderung Einfluss. Das ist relevant, weil die Ausweitung der steuerlichen Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (F&E) eine der meistgenannten Massnahmen ist, wenn es um die Kompensation der mit der Mindeststeuer verbundenen Standortnachteile geht.

Zwar verbietet die OECD kein spezifisches Förderinstrument, sie bevorzugt jedoch eine Steuergutschrift, die wie eine Direktzahlung unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens gewährt wird. Bevor die Kantone genehmigte Steuergutschriften in bar erstatten und damit einen Paradigmenwechsel vollziehen, sollen sie Transparenz über die gewährten Steuererleichterungen schaffen - dazu gibt es heute auf kantonaler Ebene keinerlei Informationen.

Auf Erhalt und Stärkung der allgemeinen Rahmenbedingungen konzentrieren

Spezifische Kompensationsmassnahmen, die über eine moderate steuerliche F&E-Förderung hinausgehen, sind hingegen fehlgeleitet. Stattdessen müssen Massnahmen zur Stärkung der eigenen Position im Standortwettbewerb breit und allgemein angelegt sein und sich auf die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen konzentrieren, indem Wettbewerbshürden konsequent ausgemerzt werden.

Digitalisierung der Verwaltung: Mangelhaft digitalisierte Behörden stellen einen solchen Nachteil dar, der Firmen und Verwaltung um Effizienzgewinne bringt. Zur Korrektur dieser Defizite bedarf es auf allen Staatsebenen einer konsequenten Digitalisierung der Basisdienstleistungen, damit Prozessinnovationen vorangetrieben werden können.

Steuern: Im Steuerbereich sind vor allem die Kantone gefordert: Neben der konsequenten Pflege der kundenorientierten Steuerkultur lassen sich die Rahmenbedingungen vor allem durch eine Reduktion der Vermögens- und Kapitalertragssteuern verbessern.

Fachkräfte: Zur Entspannung des Fachkräftemangels würde in kürzerer Frist vor allem der erleichterte Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften aus Drittstaaten und die Einführung der Individualbesteuerung beitragen. Längerfristig sollten eine höhere MINT-Quote und ein grösserer Pool an digital affinen Schülerinnen und Schüler angestrebt werden.

Handelspolitik: Zur Sicherung des für eine kleine, offene und innovative Volkswirtschaft essenziellen Zugangs zu internationalen Märkten muss der Bund die Beziehungen mit der EU klären und die Hürden im Dienstleistungshandel reduzieren.

Weshalb die internationale Steuerpolitik eine Dauerbaustelle bleibt

Man könnte die Mindeststeuer als letzten Akt in den Bemühungen um die Harmonisierung in der internationalen Steuerpolitik betrachten. Tatsächlich greift die Reform tief in die nationale Besteuerungssouveränität ein und geht damit entschieden weiter als alle bisherigen internationalen Koordinationsbemühungen. Allerdings täuscht die Einigung von beinahe 140 Staaten vom Juli 2021 über zahlreiche praktische Probleme hinweg, die bereits vor der eigentlichen Umsetzung Unsicherheit streuen. So stossen die Regeln im Detail auf ernst zu nehmenden politischen Widerstand und sind stark abhängig von leicht beeinflussbaren Rechnungslegungsstandards. Ein Ende der Debatte um die Gestaltung der internationalen Unternehmensbesteuerung ist nicht in Sicht. Umso wichtiger ist eine schlanke Umsetzung im Inland, die den Föderalismus respektiert und dirigistischen Massnahmen zugunsten politisch bestimmter Ziele oder einzelnen Unternehmen und Branchen widersteht.

Pressekontakt:

Lukas Schmid
lukas.schmid@avenir- suisse.ch
+41 44 445 90 08



--- ENDE Pressemitteilung Avenir Suisse - Was Bund und Kantone als Reaktion auf die OECD-Steuerreform tun und lassen sollten ---

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Quellen:
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